Herbst­ses­si­on 2021

Mit der Frei­ga­be des Ko­hä­si­ons­bei­trags an aus­ge­wähl­te EU-Mit­glied­staa­ten endet die Herbst­ses­si­on 2021 aus Sicht der Wirt­schaft er­freu­lich. Auch zuvor haben die Räte seit Lan­gem hän­gi­ge Ge­schäf­te im Sinne der Wirt­schaft be­rei­nigt. So wer­den die In­dus­trie­z­öl­le ab­ge­schafft und der Na­tio­nal­rat hat als Er­strat für die Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er vo­tiert. In der Summe stär­ken diese Ent­schei­de den Wirt­schafts­stand­ort Schweiz.

Ses­si­on im Über­blick

Aus Sicht der Wirt­schaft be­son­ders er­freu­lich sind die Be­schlüs­se der Räte im Steu­er­be­reich. So hat der Na­tio­nal­rat der Ab­schaf­fung der Ver­rech­nungs­steu­er bei Zin­sen auf Ob­li­ga­tio­nen und Geld­markt­pa­pie­ren deut­lich zu­ge­stimmt. Die Re­form ist wich­tig und ein seit Lan­gem prio­ri­tä­res An­lie­gen der Wirt­schaft, denn heute fi­nan­zie­ren sich Schwei­zer Un­ter­neh­men vor allem im Aus­land. Die Ver­rech­nungs­steu­er macht die Emis­si­on von Ob­li­ga­tio­nen in der Schweiz un­at­trak­tiv. Dank der Re­form kön­nen die Fi­nan­zie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten zu­rück in die Schweiz ge­holt wer­den. Das schafft Ar­beits­plät­ze und ge­ne­riert Wert­schöp­fung. Die Re­form dürf­te des­halb be­reits nach we­ni­gen Jah­ren unter dem Strich zu Mehr­ein­nah­men füh­ren. Ein Plus für alle.

Auch ab­ge­schafft wer­den die In­dus­trie­z­öl­le. KMU und Ge­wer­be wer­den da­durch fi­nan­zi­ell und ad­mi­nis­tra­tiv stark ent­las­tet, was heute wich­ti­ger denn je ist. Neben den Un­ter­neh­men pro­fi­tie­ren aber auch Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten durch tie­fe­re Prei­se. eco­no­mie­su­is­se hat sich seit Lan­gem für die Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le ein­ge­setzt und ist sehr er­freut über den Ent­scheid des Par­la­ments.

Eben­falls schon lange auf der po­li­ti­schen Trak­tan­den­lis­te steht die Ab­schaf­fung des Ei­gen­miet­werts von selbst be­wohn­tem Wohn­ei­gen­tum. eco­no­mie­su­is­se ver­steht das An­lie­gen, den Ei­gen­miet­wert am Haupt­wohn­sitz ab­schaf­fen zu wol­len. Die Neu­ord­nung ist je­doch im Rah­men der steu­er­sys­te­ma­ti­schen Grund­sät­ze zu voll­zie­hen. Dazu ge­hört, dass Schuld­zin­sen zum Abzug ge­bracht wer­den kön­nen, so­weit damit ver­bun­de­ne Ver­mö­gens­er­trä­ge voll steu­er­bar sind. Die Klei­ne Kam­mer hat hier wich­ti­ge Kor­rek­tu­ren vor­ge­nom­men. Der Na­tio­nal­rat soll­te dem Stän­de­rat in des­sen Ent­schei­den fol­gen.

Kein Gehör fand im Stän­de­rat hin­ge­gen eine Mo­ti­on, wel­che die Mehr­wert­steu­er ver­ein­heit­li­chen und damit ver­ein­fa­chen woll­te. Be­reits heute ist die Ver­an­la­gung für Un­ter­neh­men tech­nisch hoch kom­plex und damit enorm kost­spie­lig. eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert, dass der Stän­de­rat nicht den Mut hatte, den Bun­des­rat mit der Aus­ar­bei­tung einer ent­spre­chen­den Vor­la­ge zu be­auf­tra­gen. Eben­so be­dau­er­lich ist, dass die Räte immer wie­der neue Aus­nah­men und Son­der­be­hand­lun­gen be­schlies­sen.

Drin­gen­der denn je ist die AHV-Re­form. Unser wich­tigs­tes So­zi­al­werk muss rasch sa­niert wer­den. Nach­dem sich die Räte in ers­ter Le­sung für die An­glei­chung des Re­fe­ren­zal­ters der Frau­en auf 65 Jahre aus­ge­spro­chen haben, be­riet der Stän­de­rat in die­ser Ses­si­on den Um­fang der Aus­gleichs­mass­nah­men für die Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on. Die Klei­ne Kam­mer zeig­te sich dabei aus­ser­or­dent­lich aus­ga­ben­freu­dig: die Mehr­wert­steu­er soll um 0,4 Pro­zent­punk­te an­ge­ho­ben, die Ren­ten­zu­schlä­ge sol­len mas­siv er­höht und der Kreis der zu­schlags­be­rech­tig­ten Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on soll auf gar neun Jahr­gän­ge aus­ge­wei­tet wer­den. Damit hat der Stän­de­rat das Ver­hält­nis von fi­nan­zi­el­len und struk­tu­rel­len Mass­nah­men aus dem Gleich­ge­wicht ge­ris­sen. Der nächst­be­ra­ten­de Na­tio­nal­rat soll­te sich des­halb auf das ur­sprüng­li­che Ziel der Re­form zu­rück­be­sin­nen: die kurz­fris­ti­ge Sta­bi­li­sie­rung der AHV. eco­no­mie­su­is­se spricht sich wei­ter­hin mit Nach­druck für eine aus­ge­wo­ge­ne Re­form aus.

An­ge­sichts der For­schungs­ent­wick­lung un­ver­ständ­lich ist die aber­ma­li­ge Ver­län­ge­rung des Gen­tech-Mo­ra­to­ri­ums. Das um­fas­sen­de Tech­no­lo­gie­ver­bot wird um wei­te­re vier Jahre, bis 2025, ver­län­gert. Der Ent­scheid scheint angst­ge­trie­ben und ent­behrt jeg­li­cher wis­sen­schaft­li­cher Grund­la­ge. Seit Ein­füh­rung des Mo­ra­to­ri­ums im Jahr 2005 hat sich in Wis­sen­schaft und For­schung ei­ni­ges getan, die ge­setz­li­chen Grund­la­gen hin­ken dem je­doch hin­ter­her. Der Ent­scheid des Na­tio­nal­rats, auch neue, viel­ver­spre­chen­de Tech­no­lo­gi­en wie das Ge­no­me­di­t­ing (CRIS­PR / Cas) mit einem Ver­bot zu be­le­gen, ist an­ge­sichts der auf der Hand lie­gen­den Vor­tei­len für die Er­näh­rungs­si­cher­heit und die Re­duk­ti­on des Ein­sat­zes von Pflan­zen­schutz­mit­teln be­fremd­lich. Der For­schungs­stand­ort Schweiz droht im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich ins Hin­ter­tref­fen zu ge­lan­gen.

Be­rei­nigt haben die Räte hin­ge­gen das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz. Es ver­bes­sert den Ju­gend­schutz ge­samt­schwei­ze­risch enorm, ohne dabei je­doch ein to­ta­les Wer­be­ver­bot ein­zu­füh­ren. Es kann schon bald in Kraft tre­ten. Das Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz wurde vom Par­la­ment zum in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag der ra­di­ka­len Volks­in­itia­ti­ve «Zum Schutz der Kin­der und Ju­gend­li­chen vor Ta­bak­wer­bung» er­klärt. Sie wird von bei­den Räten Volk und Stän­den zur Ab­leh­nung emp­foh­len. Soll­ten die In­iti­an­ten ihre In­itia­ti­ve trotz dem neuen Ge­setz nicht zu­rück­zie­hen, würde dies zu Ver­zö­ge­run­gen füh­ren. In die­sem Falle wür­den Volk und Stän­de dar­über ent­schei­den, ob in der Schweiz legal er­hält­li­che und pro­du­zier­te Ta­bak­pro­duk­te grund­sätz­lich noch be­wor­ben wer­den dür­fen oder nicht.

Fast in letz­ter Mi­nu­te haben die Räte auch noch die Frei­ga­be des Ko­hä­si­ons­bei­trags an aus­ge­wähl­te EU-Mit­glied­staa­ten be­ra­ten und be­schlos­sen. Der Ent­scheid ist ein gutes Zei­chen für den For­schungs­stand­ort Schweiz und un­se­re For­schungs­in­sti­tu­tio­nen, die nun wie­der auf die voll­stän­di­ge As­so­zi­ie­rung beim EU-For­schungs­rah­men­pro­gramm «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» hof­fen dür­fen. eco­no­mie­su­is­se hat die be­din­gungs­lo­se Frei­ga­be des Ko­hä­si­ons­bei­trags stets be­für­wor­tet und setzt sich auch wei­ter­hin für ge­re­gel­te Ver­hält­nis­se mit dem mit Ab­stand gröss­ten Han­dels­part­ner der Schweiz ein.

 

Auf dem Pro­gramm der Herbst­ses­si­on 2021 ste­hen von der Wirt­schaft seit Jah­ren ge­for­der­te Re­form­vor­la­gen wie die Re­vi­si­on des Ver­rech­nungs­steu­er­ge­set­zes und die Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le, aber auch die Ein­füh­rung des Ein­heits­sat­zes bei der Mehr­wert­steu­er, nicht zu spre­chen von der AHV-Re­form, die immer noch einer lang­fris­ti­gen Lö­sung harrt.

Dring­li­che und für den Stand­ort vor­teil­haf­te Vor­la­gen ohne Wenn und Aber um­set­zen

Am dring­lichs­ten für den Un­ter­neh­mens- und Steu­er­stand­ort ist heute die Ver­rech­nungs­steu­er­re­form. eco­no­mie­su­is­se macht seit Jah­ren auf die Not­wen­dig­keit von An­pas­sun­gen auf­merk­sam. Der Na­tio­nal­rat soll­te diese im Sinne der je­wei­li­gen Kom­mis­si­ons­mehr­heit nun auch um­set­zen. Damit stärkt er nicht nur den Un­ter­neh­mens- und Steu­er­stand­ort, son­dern auch die Wert­schöp­fung in der Schweiz. Die Vor­la­ge wird sich für den Staat fi­nan­zi­ell po­si­tiv aus­wir­ken und die kon­junk­tu­rel­le Er­ho­lung stüt­zen. Das Vor­ha­ben dul­det kei­nen Auf­schub – ge­nau­so wenig wie die Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le. Un­se­re KMU brau­chen diese ad­mi­nis­tra­ti­ve und fi­nan­zi­el­le Ent­las­tung heute dring­li­cher denn je. Die Gros­se Kam­mer soll­te des­halb der Vor­la­ge des Bun­des­rats ohne Wenn und Aber zu­stim­men, damit sie so rasch wie mög­lich in Kraft tritt.

Den All­tag von allen – be­son­ders aber von klei­nen und mitt­le­ren – Un­ter­neh­men we­sent­lich ent­las­ten würde auch die Ein­füh­rung des Ein­heits­sat­zes bei der Mehr­wert­steu­er. Ob­wohl die fairs­te Lö­sung für alle Be­tei­lig­ten, konn­te sich das Par­la­ment bis anhin nicht dazu durch­rin­gen – im Ge­gen­teil, das Sys­tem wird mit der Ein­füh­rung wei­te­rer Aus­nah­men immer kom­pli­zier­ter. Es gleicht einem re­gel­rech­ten «Bü­ro­kra­tie­mons­ter» und ist tech­nisch mitt­ler­wei­le so kom­plex und damit auch kost­spie­lig, dass die meis­ten Un­ter­neh­men die Ver­an­la­gung nicht mehr selbst be­wäl­ti­gen kön­nen. Das darf nicht sein. Der Stän­de­rat soll­te nun drin­gend für die Ein­füh­rung des Ein­heits­sat­zes vo­tie­ren.

Die Klei­ne Kam­mer wird sich fer­ner mit der ge­setz­li­chen Neu­ord­nung der Wohn­ei­gen­tums­be­steue­rung be­fas­sen. eco­no­mie­su­is­se hat Ver­ständ­nis für das An­lie­gen, ver­langt je­doch, dass die­ses im Rah­men der steu­er­sys­te­ma­ti­schen Grund­sät­ze voll­zo­gen wird. Dazu ge­hört, dass Schuld­zin­sen zum Abzug ge­bracht wer­den kön­nen, so­weit damit ver­bun­de­ne Ver­mö­gens­er­trä­ge voll steu­er­bar sind.

Bi­la­te­ra­les Ver­hält­nis Schweiz-EU nor­ma­li­sie­ren und For­schungs­platz Schweiz stüt­zen

Ob­wohl eben­falls dring­lich, ent­schei­det in der Herbst­ses­si­on nur der Stän­de­rat, ob er den Ko­hä­si­ons­bei­trag (Bei­trag der Schweiz für aus­ge­wähl­te Pro­jek­te in EU-Mit­glied­staa­ten) frei­ge­ben will. eco­no­mie­su­is­se for­dert, dass er es tut, und zwar be­din­gungs­los. Denn die Frei­ga­be der 1,3 Mil­li­ar­den Fran­ken wird nicht nur zur Nor­ma­li­sie­rung des bi­la­te­ra­len Ver­hält­nis­ses bei­tra­gen, son­dern gilt als Be­din­gung, dass Schwei­zer Un­ter­neh­men und For­schungs­ein­rich­tun­gen auch künf­tig voll am For­schungs­rah­men­pro­gramm «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» teil­neh­men kön­nen.

Tech­no­lo­gie- und Wer­be­ver­bo­te: gut ge­meint ist noch lange nicht gut ge­macht

Kein Ver­ständ­nis hat die Wirt­schaft hin­ge­gen für ein pau­scha­les Tech­no­lo­gie­ver­bot, wie es die Ver­län­ge­rung des Gen­tech­mo­ra­to­ri­ums nach sich zie­hen würde. Seit des­sen Ein­füh­rung hat die Wis­sen­schaft wich­ti­ge Fort­schrit­te er­zielt, denen die ge­setz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen hin­ter­her­hin­ken. Die soll­ten nun drin­gend an­ge­passt wer­den. Die Gen­tech­no­lo­gie bie­tet gros­se Chan­cen zum Bei­spiel mit Blick auf (den ge­rin­ge­ren Ein­satz von) Pflan­zen­schutz­mit­teln, die nicht un­ge­nutzt blei­ben sol­len. Ob der­ar­ti­gen Ver­bo­ten droht die Schweiz als erst­klas­si­ger For­schungs­stand­ort in­ter­na­tio­nal ins Hin­ter­tref­fen zu ge­ra­ten.

Pau­scha­le Ver­bo­te sind auch bei der Wer­bung für legal er­hält­li­che Pro­duk­te keine gute Idee. Ge­nau­so for­dert es aber die Volks­in­itia­ti­ve «Ju­gend ohne Ta­bak­wer­bung». Rich­ti­ger­wei­se lehnt sie die vor­be­ra­ten­de Stän­de­rats­kom­mis­si­on ab. Sie stellt ihr aber das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz als in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag ge­gen­über. In den Augen der Wirt­schaft geht auch die­ses sehr weit – in ein­zel­nen Punk­ten zu weit. Hier muss der Na­tio­nal­rat noch kor­ri­gie­rend ein­grei­fen. eco­no­mie­su­is­se setzt sich für die Ver­bes­se­rung des Ju­gend­schut­zes ein – gleich­zei­tig muss aber auch die ver­fas­sungs­recht­lich ver­an­ker­te Wirt­schafts­frei­heit ge­wahrt blei­ben.

Ren­ten-Re­fe­ren­zal­ter 65 mit mo­dera­ten Aus­gleichs­mass­nah­men. Wirt­schaft un­ter­stützt aus­ge­wo­ge­ne Re­form der AHV

Es ist kein Ge­heim­nis: Die AHV muss drin­gend re­for­miert wer­den. Seit 2014 sind die Ein­nah­men und Aus­ga­ben nicht mehr im Gleich­ge­wicht. Nach der 2017 an der Urne ge­schei­ter­ten Re­form liegt aber­mals ein Paket vor, wel­ches das Vor­sor­ge­werk im­mer­hin kurz­fris­tig sta­bi­li­sie­ren soll.

eco­no­mie­su­is­se, Schwei­ze­ri­scher Ar­beit­ge­ber­ver­band und der Schwei­ze­ri­sche Ge­wer­be­ver­band un­ter­stüt­zen das Ziel, die AHV kurz­fris­tig zu sta­bi­li­sie­ren, um in einem nächs­ten Schritt eine um­fas­sen­de­re Re­form an­zu­ge­hen. Al­ler­dings muss auch in die­sem ers­ten Schritt ein sinn­vol­les Gleich­ge­wicht zwi­schen struk­tu­rel­len und fi­nan­zi­el­len Mass­nah­men ge­fun­den wer­den. Kon­kret: Der Zu­satz­fi­nan­zie­rung über eine Steu­er­er­hö­hung muss eine Net­to­ent­las­tung der AHV durch die Er­hö­hung des Re­fe­ren­zal­ters (inkl. Be­gleit­mass­nah­men) glei­chen Um­fangs ge­gen­über­ste­hen. Die Wirt­schaft emp­fiehlt des­halb die An­glei­chung des Ren­ten­re­fe­ren­zal­ters auf 65 Jahre bei gleich­zei­ti­ger Er­hö­hung der Mehr­wert­steu­er um ma­xi­mal 0,3 Punk­te.

Beide Räte

Ju­gend­schutz stär­ken – Wirt­schafts­frei­heit ga­ran­tie­ren

Die Volks­in­itia­ti­ve for­dert ein Ver­bot jeder Art von Wer­bung und Spon­so­ring für Ta­bak­pro­duk­te, die Kin­der und Ju­gend­li­che in ir­gend­ei­ner Form er­rei­chen kann. Ge­mäss In­iti­an­ten ist der In­itia­tiv­text breit aus­zu­le­gen. So soll das Wer­be­ver­bot auch für Al­ter­na­tiv­pro­duk­te wie zum Bei­spiel elek­tro­ni­sche Zi­ga­ret­ten gel­ten. Ein­zig Wer­bung, die sich aus­schliess­lich an Er­wach­se­ne rich­tet und keine Min­der­jäh­ri­gen er­reicht, wäre wei­ter­hin zu­läs­sig. Somit wäre selbst Wer­bung in Ki­osks ver­bo­ten. Zie­hen die In­iti­an­ten und In­iti­an­tin­nen ihre Volks­in­itia­ti­ve nicht zu­rück, wird das Volk be­schlies­sen, ob le­ga­le Pro­duk­te grund­sätz­lich noch be­wor­ben wer­den dür­fen oder nicht.

Das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz ist eine ver­nünf­ti­ge Al­ter­na­ti­ve zur ra­di­ka­len Volks­in­itia­ti­ve. Es soll den Um­gang mit Ta­bak­pro­duk­ten und an­de­ren ni­ko­tin­hal­ti­gen Pro­duk­ten stren­ger re­geln und dabei ins­be­son­de­re den Ju­gend­schutz stär­ken. Das Par­la­ment hat mit Au­gen­mass einen ver­nünf­ti­gen und grif­fi­gen Ju­gend­schutz ge­schaf­fen und die Ge­fahr eines to­ta­len Wer­be­ver­bots mit Prä­ju­dizwir­kung für an­de­re legal er­hält­li­che Pro­duk­te (bspw. zu­cker­hal­ti­ge Nah­rungs­mit­tel, Al­ko­hol oder Fleisch) be­sei­tigt. Ta­bak­wer­bung ver­schwin­det gänz­lich aus dem öf­fent­li­chen Raum, darf sich nicht an Ju­gend­li­che rich­ten und es wird erst­mals ein na­tio­nal ein­heit­lich ge­re­gel­tes Ver­kaufs­ver­bot von Ta­bak­pro­duk­ten und E-Zi­ga­ret­ten an Min­der­jäh­ri­ge ein­ge­führt. Damit wur­den die For­de­run­gen der In­iti­an­ten be­reits wei­test­ge­hend um­ge­setzt. Das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz soll vom Par­la­ment zum in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag zur Volks­in­itia­ti­ve er­klärt wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se setzt sich für die Ver­bes­se­rung des Ju­gend­schut­zes bei gleich­zei­ti­ger Wah­rung der ver­fas­sungs­mäs­sig ga­ran­tier­ten Wirt­schafts­frei­heit ein. Folg­lich emp­fiehlt die Wirt­schaft die ra­di­ka­le Volks­in­itia­ti­ve zur Ab­leh­nung, das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz hin­ge­gen mit Än­de­run­gen zur An­nah­me.

Ra­di­ka­le Volks­in­itia­ti­ve

Der be­rech­tig­te und wich­ti­ge Ju­gend­schutz darf nicht als Vor­wand be­nutzt wer­den, um ab­so­lu­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Wer­be­ver­bo­te ein­zu­füh­ren. Solch to­ta­le, un­dif­fe­ren­zier­te Wer­be­ver­bo­te sind ra­di­ka­le In­ter­ven­tio­nen in die ver­fas­sungs­mäs­sig ga­ran­tier­te Wirt­schafts­frei­heit, die sich nicht recht­fer­ti­gen las­sen. Für po­ten­zi­ell we­ni­ger schäd­li­che Al­ter­na­tiv­pro­duk­te wie Ta­bak­pro­duk­te zum Er­hit­zen und E-Zi­ga­ret­ten käme ein to­ta­les Wer­be­ver­bot zudem einem In­no­va­ti­ons­ver­bot gleich. Der An­reiz, we­ni­ger schäd­li­che Al­ter­na­tiv­pro­duk­te zu ent­wi­ckeln, würde weg­fal­len. Dies würde eine wirk­sa­me Ri­si­ko­ver­min­de­rungs­po­li­tik ver­un­mög­li­chen und wäre ge­sund­heits­po­li­tisch be­son­ders ver­hee­rend.

Ge­gen­vor­schlag darf nicht über­schies­sen

Das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz nimmt das wich­ti­ge An­lie­gen des Ju­gend­schut­zes auf, ver­zich­tet aber auf die Män­gel der Volks­in­itia­ti­ve. Es ver­bie­tet ge­zielt Wer­bung für Tabak und an­de­re ni­ko­tin­hal­ti­ge Pro­duk­te in der Pres­se und auf In­ter­net­sei­ten, wenn sie sich an Min­der­jäh­ri­ge rich­tet. Wer­bung im öf­fent­li­chen Raum wird ganz ver­bo­ten, eben­falls das An­lass-Spon­so­ring, wenn es in­ter­na­tio­na­len Cha­rak­ter hat oder auf ein min­der­jäh­ri­ges Pu­bli­kum ab­zielt. Mit dem neuen Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz liegt erst­mals eine von allen ge­wünsch­te, schweiz­weit ein­heit­li­che Lö­sung für Min­dest­al­ter, Wer­be­ver­bo­te und Wer­be­restrik­tio­nen vor. eco­no­mies­su­is­se be­fürch­tet, dass im Rah­men der De­bat­te zum Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz (Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung) den Kan­to­nen wei­ter­ge­hen­de Kom­pe­ten­zen in die­sen Be­rei­chen über­tra­gen wird. Wo es um den Ge­sund­heits­schutz geht, sind ein­zig na­tio­na­le Re­ge­lun­gen ziel­füh­rend. Eine zer­split­ter­te Rechts­la­ge ist für die Wirt­schaft zudem schwer prak­ti­ka­bel und gilt es ab­zu­leh­nen. Des­halb muss der Bund für diese Be­rei­che über eine um­fas­sen­de Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz ver­fü­gen.

Keine Be­vor­mun­dung er­wach­se­ner Kon­su­men­ten

Schliess­lich würde ein fak­ti­sches Wer­be­ver­bot, wie es die In­iti­an­tin­nen und In­iti­an­ten for­dern, eine ge­fähr­li­che Prä­ju­dizwir­kung für an­de­re Pro­duk­te wie bei­spiels­wei­se Al­ko­hol, Fleisch oder fett- und zu­cker­hal­ti­ge Nah­rungs­mit­tel dar­stel­len. Le­ga­le Pro­duk­te sol­len wei­ter­hin be­wor­ben wer­den kön­nen. Er­wach­se­ne Kon­su­men­ten dür­fen nicht be­vor­mun­det wer­den.

Stand der Be­ra­tun­gen

In der Herbst­ses­si­on 2021 berät der Stän­de­rat die Volks­in­itia­ti­ve. Die zu­stän­di­ge Ge­sund­heits­kom­mis­si­on (SGK-SR) be­an­tragt ihrem Rat mit 9 zu 4 Stim­men, die In­itia­ti­ve Volk und Stän­den zur Ab­leh­nung zu emp­feh­len. Der Ent­wurf zum Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz soll zum in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag er­klärt wer­den. Der Na­tio­nal­rat hatte die Volks­in­itia­ti­ve in der Früh­jahrs­ses­si­on 2021 eben­falls zur Ab­leh­nung emp­foh­len.

Das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz soll in die­ser Ses­si­on fer­tig be­ra­ten wer­den. Der Na­tio­nal­rat beugt sich als ers­tes über den Ge­set­zes­ent­wurf, ge­folgt vom Stän­de­rat.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Die eid­ge­nös­si­schen Räte haben in die­ser Ses­si­on das Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz ver­ab­schie­det. Damit wird ins­be­son­de­re der Ju­gend­schutz ge­samt­schwei­ze­risch mar­kant ver­bes­sert. Künf­tig wird von öf­fent­li­chem Grund aus ein­seh­ba­re Pla­kat­wer­bung für Ta­bak­pro­duk­te und E-Zi­ga­ret­ten sowie Wer­bung in Kinos, in öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln und Ge­bäu­den und auf Sport­plät­zen ver­bo­ten. Das Glei­che gilt für das Spon­so­ring von Ver­an­stal­tun­gen mit in­ter­na­tio­na­lem Cha­rak­ter. Zudem dür­fen Ju­gend­li­che unter 18 Jah­ren schweiz­weit keine Zi­ga­ret­ten mehr kau­fen. Das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz ist damit ein grif­fi­ges In­stru­ment für einen ver­stärk­ten Ju­gend­schutz bei gleich­zei­ti­ger Wah­rung der ver­fas­sungs­mäs­sig ga­ran­tier­ten Wirt­schafts­frei­heit der Pro­du­zen­ten. Das neue Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz kann schon bald in Kraft tre­ten. Das Par­la­ment lehnt daher auch fol­ge­rich­tig die ra­di­ka­le Volks­in­itia­ti­ve «Zum Schutz der Kin­der und Ju­gend­li­chen vor Ta­bak­wer­bung» ab. Die Volks­in­itia­ti­ve ver­langt schweiz­weit ein to­ta­les Wer­be­ver­bot. Soll­ten die In­iti­an­ten ihre In­itia­ti­ve trotz dem neuen Ge­setz nicht zu­rück­zie­hen, würde dies zu Ver­zö­ge­run­gen füh­ren. In die­sem Falle wür­den Volk und Stän­de ent­schei­den, ob in der Schweiz le­ga­le Pro­duk­te grund­sätz­lich noch be­wor­ben wer­den dür­fen.

Schweiz ohne In­dus­trie­z­öl­le: alle pro­fi­tie­ren

Die Vor­la­ge will die Im­port­zöl­le für sämt­li­che In­dus­trie­pro­duk­te auf Null set­zen. Der Be­griff der In­dus­trie­pro­duk­te er­fasst alle Güter mit Aus­nah­me der Agrar­pro­duk­te (inkl. Fut­ter­mit­tel) und der Fi­sche­rei­er­zeug­nis­se. Neben der uni­la­te­ra­len Auf­he­bung der Zölle soll auch die Zoll­ta­rif­struk­tur für In­dus­trie­pro­duk­te ver­ein­facht wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se hält den voll­stän­di­gen Abbau der In­dus­trie­z­öl­le für wich­tig und drin­gend. Die Wirt­schaft emp­fiehlt mit Nach­druck, auf die Vor­la­ge ein­zu­tre­ten und den Ge­set­zes­ent­wurf ge­mäss Ent­wurf des Bun­des­rats an­zu­neh­men.

Die Wirt­schaft un­ter­stützt den Abbau der In­dus­trie­z­öl­le

Der Abbau der In­dus­trie­z­öl­le be­deu­tet eine wich­ti­ge fi­nan­zi­el­le und ad­mi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung für Schwei­zer Un­ter­neh­men (vor allem für KMU und Ge­wer­be), aber auch für Kon­su­men­ten und die Ver­wal­tung. Der Zoll­ab­bau würde zudem das un­güns­ti­ge Ver­hält­nis zwi­schen den hohen Ver­zol­lungs­kos­ten bei den Fir­men und den tie­fen Zoll­ein­nah­men be­sei­ti­gen. Der Agrar­be­reich ist bei die­sem Ge­schäft aus­ge­nom­men, da die Vor­la­ge aus­schliess­lich In­dus­trie­gü­ter be­han­delt.

Hö­he­re Wirt­schafts­leis­tung bei ge­rin­gen Ein­nah­me­aus­fäl­len

Volks­wirt­schaft­lich ge­se­hen steht den Brut­to-Ein­nah­me­aus­fäl­len des Bun­des eine hö­he­re Wirt­schafts­leis­tung von 860 Mil­lio­nen Fran­ken ge­gen­über. Netto be­trach­tet, das heisst nach Ein­be­zug der er­war­te­ten Steu­er­mehr­ein­nah­men und in Ver­bin­dung mit ad­mi­nis­tra­ti­ven Ent­las­tun­gen auf Ver­wal­tungs­sei­te, wür­den die Ein­nah­me­aus­fäl­le ge­rin­ger aus­fal­len (rund 310 Mil­lio­nen Fran­ken für 2016 ge­mäss einer Eco­plan-Stu­die). Kommt hinzu, dass rund drei Vier­tel der Zoll­ab­ga­ben auf In­dus­trie­gü­ter im Rah­men von Frei­han­dels­ab­kom­men im Grun­de be­reits ab­ge­schafft wor­den sind – aber aus di­ver­sen Grün­den nicht voll­um­fäng­lich ge­nutzt wer­den kön­nen. Ge­mäss ak­tu­el­ler Fi­nanz­pla­nung des Bun­des sind diese Aus­fäl­le trag­bar, zumal die Mass­nah­me eine nach­ge­wie­se­ne po­si­ti­ve Im­puls­wir­kung für die Volks­wirt­schaft auf­weist.

Nur der voll­stän­di­ge Abbau bringt’s

Ein teil­wei­ser Abbau der In­dus­trie­z­öl­le wäre mit ge­rin­ge­ren Ein­spa­run­gen und ge­rin­ge­ren ge­samt­wirt­schaft­li­chen Ge­win­nen, je­doch mit zu­sätz­li­chem ad­mi­nis­tra­ti­vem Auf­wand ver­bun­den. Eine zeit­li­che Staf­fe­lung des Zoll­ab­baus hätte einen ver­zö­ger­ten Ef­fekt für Fir­men und ge­samt­wirt­schaft­li­che Nach­tei­le ge­gen­über dem ein­ma­li­gen Abbau. Hin­ge­gen zeigt ein voll­stän­di­ger In­dus­trie­zoll­ab­bau in einem Schritt die vor­teil­haf­tes­ten volks­wirt­schaft­li­chen Ef­fek­te, ohne zu einer Dis­kri­mi­nie­rung be­stimm­ter Bran­chen zu füh­ren.

Lesen Sie unser dos­sier­po­li­tik und er­fah­ren Sie mehr zu den Vor­tei­len eines voll­stän­di­gen Ab­baus der In­dus­trie­z­öl­le. 09/2019; Die Schweiz ohne In­dus­trie­z­öl­le: alle pro­fi­tie­ren.

Stand der Be­ra­tun­gen

In der Herbst­ses­si­on 2021 wird der Na­tio­nal­rat in der Ein­tre­tens­de­bat­te dar­über ent­schei­den, ob er sich mit der Vor­la­ge aus­ein­an­der­set­zen will. Die vor­be­ra­ten­de WAK-NR be­an­tragt ihrem Rat, auf die Vor­la­ge ein­zu­tre­ten und ihr un­ver­än­dert zu­zu­stim­men. Aus Sicht der Mehr­heit über­wiegt der volks­wirt­schaft­li­che Nut­zen der Vor­la­ge klar. An­trä­ge für eine Dif­fe­ren­zie­rung nach Nach­hal­tig­keits­kri­te­ri­en oder für eine ge­staf­fel­te Ab­schaf­fung der In­dus­trie­z­öl­le fan­den rich­ti­ger­wei­se keine Mehr­heit. Je nach Stand der Be­ra­tung beugt sich auch der Stän­de­rat in die­ser Ses­si­on noch­mals über die Vor­la­ge.

In der Win­ter­ses­si­on 2020 führ­te der Stän­de­rat die De­tail­be­ra­tung der Vor­la­ge durch und stimm­te die­ser in der Ge­samt­ab­stim­mung mit 28 zu 14 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung zu.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Beide Kam­mern be­stä­tig­ten in die­ser Ses­si­on ihre Zu­stim­mung zum Abbau von In­dus­trie­z­öl­len und damit zu einem für die Wirt­schaft und Kon­su­men­ten wich­ti­gen Ge­schäft. Das Par­la­ment macht so den Weg frei für die Um­set­zung einer längst über­fäl­li­gen Struk­tur­mass­nah­me. Lesen Sie hier die aus­führ­li­che Be­ur­tei­lung von eco­no­mie­su­is­se.

Na­tio­nal­rat

Schweiz unter Druck – Jetzt Ver­rech­nungs­steu­er re­for­mie­ren

Bei der Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er han­delt es sich der­zeit um die wich­tigs­te Vor­la­ge für den Un­ter­neh­mens- und Steu­er­stand­ort Schweiz. Die­ser steht mit dem lau­fen­den in­ter­na­tio­na­len Pro­jekt über eine glo­ba­le Min­dest­steu­er unter Druck. Soll die wirt­schaft­li­che Sub­stanz in der Schweiz er­hal­ten und das hie­si­ge Steu­er­sub­strat ver­tei­digt wer­den, müs­sen be­ste­hen­de Wett­be­werbs­nach­tei­le kon­se­quent ab­ge­baut wer­den. Die Ver­rech­nungs­steu­er steht dabei ganz klar im Fokus: Hier hat die Schweiz be­trächt­li­chen Ge­stal­tungs­spiel­raum.

Heute müs­sen Schwei­zer Kon­zer­ne ihre Fi­nan­zie­rung im Aus­land tä­ti­gen, weil in­ter­na­tio­na­le An­le­ger die Ver­rech­nungs­steu­er auf Zins­zah­lun­gen nicht ak­zep­tie­ren. Mit der Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er will der Bun­des­rat den Stand­ort Schweiz für den Fremd­ka­pi­tal­markt und für Kon­zern­fi­nan­zie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten stär­ken, indem die Ver­rech­nungs­steu­er auf Zin­sen bei Ob­li­ga­tio­nen und Geld­markt­pa­pie­ren ab­ge­schafft wird. Ziel ist es, allen Un­ter­neh­men zu er­mög­li­chen, sich in der Schweiz zu fi­nan­zie­ren. Die Wirt­schaft un­ter­stützt die­ses Vor­ha­ben aus­drück­lich.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge an­zu­neh­men.

Ver­rech­nungs­steu­er zwingt Un­ter­neh­men zur Fi­nan­zie­rung im Aus­land

Im Fremd­ka­pi­tal­markt führt das gel­ten­de Steu­er­sys­tem zu un­be­frie­di­gen­den Er­geb­nis­sen für den Wirt­schafts­stand­ort und den Fis­kus. Zins­zah­lun­gen auf in­län­di­schen Ob­li­ga­tio­nen un­ter­lie­gen einer Ver­rech­nungs­steu­er von 35 Pro­zent. Schwei­zer Ob­li­ga­tio­nen sind des­halb ins­be­son­de­re für aus­län­di­sche An­le­ge­rin­nen und An­le­ger un­at­trak­tiv. Schwei­zer Kon­zer­ne wei­chen der Ver­rech­nungs­steu­er des­halb aus, indem sie ihre Ob­li­ga­tio­nen über aus­län­di­sche Ge­sell­schaf­ten emit­tie­ren. Dies wirkt sich ne­ga­tiv auf den ge­sam­ten Wirt­schafts­stand­ort aus, da auch die mit dem Fremd­ka­pi­tal­markt ver­bun­de­ne Wert­schöp­fung nicht in der Schweiz statt­fin­det.

Wert­schöp­fung in der Schweiz stär­ken

Soll die Wert­schöp­fung am Stand­ort Schweiz ge­stärkt wer­den, ist zeit­na­hes Han­deln zwin­gend. Ge­lingt die Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er, wer­den Schwei­zer Un­ter­neh­men sich künf­tig in der Schweiz fi­nan­zie­ren. Kon­zern­in­ter­ne Dar­le­hen wer­den dann hier­zu­lan­de ver­ge­ben. Eben­so wer­den An­lei­hen zur ex­ter­nen Mit­tel­auf­nah­me ver­mehrt aus einer Schwei­zer Ein­heit emit­tiert. Das be­lebt den ein­hei­mi­schen Ka­pi­tal­markt und er­öff­net auch grös­se­ren Schwei­zer KMU neue at­trak­ti­ve Fi­nan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten.

Eine Re­form, die sich ge­samt­wirt­schaft­lich lohnt

Be­reits mit­tel­fris­tig sind die fi­nan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen der Re­form vor­teil­haft. Der Bun­des­rat be­zif­fert die Min­der­ein­nah­men der Vor­la­ge ins­ge­samt auf 200 Mil­lio­nen Fran­ken. Die­sen Min­der­ein­nah­men ste­hen dau­er­haf­te Ver­bes­se­run­gen wich­ti­ger Rah­men­be­din­gun­gen und volks­wirt­schaft­li­che Im­pul­se mit po­si­ti­ven Fol­gen für Ar­beits­plät­ze und Steu­er­ein­nah­men ge­gen­über. Der Bun­des­rat be­zif­fert den von der Re­form aus­ge­lös­ten Kon­junk­tur­im­puls auf 0,5 BIP-Pro­zen­te in­nert fünf Jah­ren. Wert­schöp­fungs- und Be­schäf­ti­gungs­im­pul­se wür­den die Min­der­ein­nah­men des Bun­des damit be­reits nach fünf Jah­ren aus­glei­chen und bei Kan­to­nen und Ge­mein­den in­nert noch kür­ze­rer Frist zu deut­li­chen Mehr­ein­nah­men füh­ren. Unter ge­samt­wirt­schaft­li­chen Ge­sichts­punk­ten be­wer­tet der Bun­des­rat die Re­form des­halb «als aus­ge­spro­chen vor­teil­haft». Die Wirt­schaft teilt diese Be­ur­tei­lung voll­kom­men.

Stand der Be­ra­tun­gen

In der Herbst­ses­si­on 2021 berät der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge als Er­strat. Die vor­be­ra­ten­de Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben emp­fiehlt ihrem Rat, auf die Vor­la­ge ein­zu­tre­ten und diese an­zu­neh­men (17 zu 8 Stim­men). Auch die Fi­nanz­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­rats be­an­tragt in ihrem Mit­be­richt mit 15 zu 6 Stim­men bei 3 Ent­hal­tun­gen, auf die Vor­la­ge ein­zu­tre­ten.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat der Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er klar mit 122 zu 68 Stim­men zu­ge­stimmt. Die der­zeit für den Un­ter­neh­mens­stand­ort wich­tigs­te Steu­er­vor­la­ge ist damit auf gutem Weg und könn­te bis Ende Jahr ab­ge­schlos­sen wer­den. Mit der Re­form wird die Un­ter­neh­mens­fi­nan­zie­rung zu­rück in die Schweiz ge­holt, was be­reits nach we­ni­gen Jah­ren zu Mehr­ein­nah­men füh­ren wird. Lesen Sie hier die aus­führ­li­che Be­ur­tei­lung von eco­no­mie­su­is­se.

Pau­scha­le Tech­no­lo­gie­ver­bo­te hel­fen nie­man­dem – Gen­tech­no­lo­gie bie­tet gros­se Chan­cen

Seit 2005 be­steht in der Schweiz ein Mo­ra­to­ri­um zum In­ver­kehr­brin­gen von gen­tech­nisch ver­än­der­ten Or­ga­nis­men (GVO) in der Land- und Wald­wirt­schaft sowie im Gar­ten­bau. Das Mo­ra­to­ri­um wurde auf­grund der im Jahr 2005 an­ge­nom­me­nen Volks­in­itia­ti­ve «für Le­bens­mit­tel aus gen­tech­nik­frei­er Land­wirt­schaft» ein­ge­führt. Seit­her wurde das Mo­ra­to­ri­um drei Mal ver­län­gert, zu­letzt von 2017 bis 2021. Mit der vor­lie­gen­den Än­de­rung des Bun­des­ge­set­zes über die Gen­tech­nik im Aus­ser­hu­man­be­reich (Gen­tech­nik­ge­setz) will der Bun­des­rat das Mo­ra­to­ri­um bis zum 31. De­zem­ber 2025 ver­län­gern.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se lehnt pau­scha­le Tech­no­lo­gie­ver­bo­te ohne wis­sen­schaft­li­che Grund­la­ge scharf ab und emp­fiehlt daher, die Vor­la­ge ab­zu­leh­nen. Even­tua­li­ter sol­len min­des­tens neue gen­tech­ni­sche Ver­fah­ren un­mit­tel­bar nach Ab­lauf des ak­tu­el­len Mo­ra­to­ri­ums (also ab 1.1.2022) vom Gen­tech­nik­ge­setz aus­ge­nom­men wer­den.

Ge­rin­ge­rer Ein­satz von Pflan­zen­schutz­mit­teln dank Gen­tech­no­lo­gie

Fort­schrit­te der grü­nen Gen­tech­no­lo­gie stär­ken die Er­näh­rungs­si­cher­heit und die Res­sour­cen­ef­fi­zi­enz welt­weit. Die mo­der­nen Züch­tungs­me­tho­den ma­chen Nutz­pflan­zen re­sis­ten­ter gegen Schäd­lin­ge und Pilze sowie gegen ex­tre­me Um­welt­ein­flüs­se wie Hitze, Nässe und Dürre. Gen­tech­nisch ver­än­der­te Pro­duk­te wie Kraut- und Knol­len­fäu­le-re­sis­ten­te Kar­tof­feln oder feu­er­brand­re­sis­ten­te Äpfel, die keine An­ti­bio­ti­ka­be­hand­lung mehr brau­chen, sind auch im In­ter­es­se der Schwei­zer Land­wirt­schaft. Ge­ra­de wer we­ni­ger Pflan­zen­schutz­mit­tel ein­set­zen möch­te, kommt nicht um mo­der­ne Züch­tungs­me­tho­den herum. Welt­weit mes­sen Pflan­zen­züch­ter der Ge­no­me­di­tie­rung (CRIS­PR / Cas) gros­ses Po­ten­zi­al bei. Diese Chan­cen gilt es zu nut­zen.

Ge­setz­li­che Rah­men­be­din­gun­gen hin­ken dem wis­sen­schaft­li­chen Fort­schritt hin­ter­her

Tech­no­lo­gi­en sind immer be­züg­lich ihres Nut­zens und ihrer Ri­si­ken zu be­ur­tei­len. Wenn die Ri­si­ken auf­grund wis­sen­schaft­li­cher Kri­te­ri­en und unter Wah­rung des Ver­hält­nis­mäs­sig­keits­prin­zips kon­trol­liert wer­den kön­nen, sind Tech­no­lo­gi­en zu­zu­las­sen. Im Fall des An­baus von GVO sind diese Be­din­gun­gen er­füllt. Das Mo­ra­to­ri­um gilt nun seit 2005. Seit­her hat sich in Wis­sen­schaft und For­schung ei­ni­ges getan. Die Re­gu­lie­run­gen müs­sen un­ver­züg­lich dem wis­sen­schaft­li­chen Fort­schritt an­ge­passt wer­den und einen zu­kunfts­ge­rich­te­ten Um­gang mit neuen Tech­no­lo­gi­en in die­sem Be­reich er­mög­li­chen.

An­bau­ver­bot schmä­lert Stand­ort­at­trak­ti­vi­tät

Wird das An­bau­ver­bot für GVO wei­ter­hin auf­recht­er­hal­ten, ist dies ein schlech­tes Si­gnal für den Stand­ort Schweiz, der sich re­gel­mäs­sig des guten Ab­schnei­dens bei In­no­va­ti­ons­ran­kings rühmt. Für den Stand­ort­ent­scheid von Un­ter­neh­men und For­schungs­in­sti­tu­tio­nen spie­len die Tech­no­lo­gie­ak­zep­tanz und die Nähe zu Ab­satz­märk­ten eine we­sent­li­che Rolle. Sie be­güns­ti­gen die Re­kru­tie­rung des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses und die an­ge­wand­te For­schung. Das Tech­no­lo­gie­ver­bot be­wirkt, dass sich in­no­va­ti­ve Un­ter­neh­men gegen die Schweiz als For­schungs­stand­ort ent­schei­den und dass For­schungs­in­ves­ti­tio­nen aus­blei­ben.

Stand der Be­ra­tun­gen

In der Herbst­ses­si­on 2021 berät der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge als Er­strat.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat will das Gen­tech­mo­ra­to­ri­um um wei­te­re vier Jahre bis 2025 ver­län­gern. An­trä­ge, im­mer­hin neue, viel­ver­spre­chen­de Tech­no­lo­gi­en wie das Ge­no­me­di­t­ing (CRIS­PR/Cas) vom Mo­ra­to­ri­um aus­zu­neh­men, schei­ter­ten. eco­no­mie­su­is­se lehnt die neu­er­li­che Ver­län­ge­rung des Tech­no­lo­gie­ver­bots de­zi­diert ab – es ent­behrt jeg­li­cher wis­sen­schaft­li­cher Grund­la­ge und scha­det dem For­schungs- und In­no­va­ti­ons­stand­ort Schweiz. Grüne Gen­tech­no­lo­gie hat zudem das Po­ten­zi­al, den Ein­satz von Pflan­zen­schutz­mit­teln in der Land­wirt­schaft zu re­du­zie­ren und die Er­näh­rungs­si­cher­heit welt­weit zu stär­ken. Der nächst­be­ra­ten­de Stän­de­rat tut gut daran, sich nicht von wis­sen­schaft­lich un­be­grün­de­ten Über­le­gun­gen lei­ten zu las­sen. Viel­mehr muss der Nut­zen grü­ner Gen­tech­no­lo­gie für Mensch, Wirt­schaft und Um­welt ins Zen­trum ge­stellt wer­den.

Stän­de­rat

Schuld­zin­sen für wirt­schaft­li­che Ak­ti­vi­tä­ten müs­sen ab­zieh­bar blei­ben

Heute wird der Miet­wert einer selbst­ge­nutz­ten Lie­gen­schaft oder Woh­nung zum steu­er­ba­ren Ein­kom­men des Wohn­ei­gen­tü­mers ge­zählt. Man spricht vom so­ge­nann­ten Ei­gen­miet­wert. Un­ter­halts­kos­ten sowie Schuld­zin­sen, etwa für eine Hy­po­thek, kön­nen da­ge­gen vom steu­er­ba­ren Ein­kom­men ab­ge­zo­gen wer­den. Die­ses Sys­tem stellt eine Gleich­be­hand­lung von Mie­tern und Wohn­ei­gen­tü­mern sowie eigen- und fremd­fi­nan­zier­ten Ei­gen­heim­be­sit­zern si­cher. Die steu­er­li­che Er­fas­sung des Ei­gen­miet­werts wird je­doch immer wie­der kon­tro­vers dis­ku­tiert und zu­neh­mend in­fra­ge ge­stellt. Trotz ver­schie­de­ner An­läu­fe sind Sys­tem­wech­sel bis­her stets ge­schei­tert.

Eine vor­lie­gen­de par­la­men­ta­ri­sche In­itia­ti­ve ver­langt, dass der Ei­gen­miet­wert am Haupt­wohn­sitz ab­ge­schafft wird. Aus Rück­sicht auf die fi­nan­zi­el­len In­ter­es­sen der Tou­ris­mus­kan­to­ne sol­len diese den Ei­gen­miet­wert von selbst­ge­nutz­ten Zweit­lie­gen­schaf­ten je­doch wei­ter­hin be­steu­ern kön­nen. Gleich­zei­tig soll der Abzug der Schuld­zin­sen voll­stän­dig ab­ge­schafft wer­den, dies nicht nur bei Hy­po­the­ken für den Haupt­wohn­sitz, son­dern auch bei der Fi­nan­zie­rung von Zweit­woh­nun­gen, von ver­mie­te­ten und ver­pach­te­ten Lie­gen­schaf­ten sowie bei an­de­ren wirt­schaft­li­chen Ak­ti­vi­tä­ten wie etwa der Fi­nan­zie­rung von Un­ter­neh­mens­be­tei­li­gun­gen.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt Ein­tre­ten auf die Vor­la­ge. So­weit Ver­mö­gens­er­trä­ge steu­er­bar blei­ben, darf die Ab­zugs­fä­hig­keit damit ver­bun­de­ner Schuld­zin­sen al­ler­dings nicht ab­ge­schafft wer­den.

Ein­hal­tung der steu­er­sys­te­ma­ti­schen Grund­sät­ze

eco­no­mie­su­is­se hat Ver­ständ­nis für das An­lie­gen, die Wohn­ei­gen­tums­be­steue­rung ge­setz­lich neu zu ord­nen, da diese von brei­ten Krei­sen der Be­völ­ke­rung in der heu­ti­gen Form als pro­ble­ma­tisch er­ach­tet wird. Die Wirt­schaft ver­langt je­doch, die Neu­ord­nung im Rah­men der steu­er­sys­te­ma­ti­schen Grund­sät­ze zu voll­zie­hen. Zu die­sen Grund­sät­zen ge­hört, dass Schuld­zin­sen zum Abzug ge­bracht wer­den kön­nen, so­weit damit ver­bun­de­ne Ver­mö­gens­er­trä­ge voll steu­er­bar sind.

Schuld­zin­sen­ab­zug wich­tig für die Wirt­schaft

Weil Schuld­zin­sen auch bei wirt­schaft­li­chen Tä­tig­kei­ten aus­ser­halb der Fi­nan­zie­rung von Wohn­ei­gen­tum an­fal­len, ist deren Ab­zugs­fä­hig­keit für die Wirt­schaft von Be­deu­tung. Ein­schrän­kun­gen des Schuld­zin­sen­ab­zugs kön­nen er­fol­gen, wenn damit ver­bun­de­ne Ver­mö­gens­er­trä­ge nicht län­ger steu­er­bar sind. Wird etwa die Be­steue­rung des Ei­gen­miet­werts auf selbst­be­wohn­tem Wohn­ei­gen­tum auf­ge­ho­ben, so ist es sach­ge­recht, dass auch die Ab­zugs­fä­hig­keit von Hy­po­the­kar­zin­sen teil­wei­se ein­ge­schränkt wird. Dar­über hin­aus­ge­hend darf der Schuld­zin­sen­ab­zug nicht ein­ge­schränkt wer­den.

Keine Über­be­steue­rung wirt­schaft­li­cher Ak­ti­vi­tä­ten

Ge­mäss vor­lie­gen­dem Ge­set­zes­ent­wurf blei­ben alle an­de­ren Ver­mö­gens­er­trä­ge aus­ser­halb des Ei­gen­miet­werts am Haupt­wohn­sitz wei­ter­hin un­ein­ge­schränkt steu­er­bar. Dazu zäh­len Er­trä­ge aus ver­mie­te­ten und ver­pach­te­ten Lie­gen­schaf­ten sowie Ka­pi­tal­er­trä­ge aus Be­tei­li­gun­gen. Die mit die­sen Ak­ti­vi­tä­ten ver­bun­de­nen Zins­zah­lun­gen müs­sen ab­zugs­fä­hig blei­ben. Sind diese Kos­ten nicht ab­zugs­fä­hig, wäh­rend die damit ver­bun­de­nen Er­trä­ge steu­er­bar sind, so wi­der­spricht dies dem ver­fas­sungs­mäs­si­gen Prin­zip der Be­steue­rung nach wirt­schaft­li­cher Leis­tungs­fä­hig­keit. Ent­spre­chen­de wirt­schaft­li­che Ak­ti­vi­tä­ten wür­den klar über­be­steu­ert, das Steu­er­sys­tem würde wert­schöp­fungs­ge­ne­rie­ren­de, un­ter­neh­me­ri­sche Tä­tig­kei­ten un­ter­bin­den.

Die von der Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben emp­foh­le­ne ge­ne­rel­le Strei­chung des Schuld­zin­sen­ab­zugs ist damit aus ver­fas­sungs­recht­li­chen und öko­no­mi­schen Grün­den ab­zu­leh­nen.

Stand der Be­ra­tun­gen

Die par­la­men­ta­ri­sche In­itia­ti­ve be­fin­det sich in der Um­set­zungs­pha­se. In der Herbst­ses­si­on berät der Stän­de­rat den Ge­set­zes­ent­wurf als Er­strat. Die vor­be­ra­ten­de Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben emp­fiehlt ihrem Rat, den von ihr aus­ge­ar­bei­te­ten Ge­set­zes­ent­wurf an­zu­neh­men.

Der Bun­des­rat be­an­tragt dem Par­la­ment, auf die Vor­la­ge ein­zu­tre­ten. Gleich­zei­tig stellt er Än­de­rungs­an­trä­ge zu zen­tra­len Eck­wer­ten. Er be­für­wor­tet zwar wie die Kom­mis­si­on eine Be­gren­zung des Schuld­zin­sen­ab­zugs, ar­gu­men­tiert je­doch, Schuld­zin­sen, die Ge­win­nungs­kos­ten wirt­schaft­li­cher Tä­tig­kei­ten dar­stell­ten, soll­ten ab­zugs­fä­hig sein. Er be­an­tragt des­halb wie die Kom­mis­si­ons­min­der­heit, einen Schuld­zin­sen­ab­zug im Um­fang von 70 Pro­zent der steu­er­ba­ren Ver­mö­gens­er­trä­ge zu­zu­las­sen.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat möch­te den Ei­gen­miet­wert am Haupt­wohn­sitz ab­schaf­fen. Bei Zweit­lie­gen­schaf­ten soll die­ser aber wie bis anhin ver­steu­ert wer­den, eben­so die Ein­nah­men aus ver­mie­te­ten oder ver­pach­te­ten Lie­gen­schaf­ten oder Ka­pi­tal­er­trä­ge aus Be­tei­li­gun­gen. Trotz­dem woll­te die zu­stän­di­ge Kom­mis­si­on den Abzug von Schuld­zin­sen voll­stän­dig strei­chen. Der Stän­de­rat hat dies rich­ti­ger­wei­se kor­ri­giert. Neu sol­len Schuld­zin­sen im Um­fang von 70 Pro­zent der steu­er­ba­ren Ver­mö­gens­er­trä­ge ab­zieh­bar blei­ben. eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die­sen Ent­scheid: Schuld­zin­sen sol­len zum Abzug ge­bracht wer­den, so­weit damit ver­bun­de­ne Ver­mö­gens­er­trä­ge voll steu­er­bar sind. Die Vor­la­ge geht nun in den Na­tio­nal­rat.

WIRT­SCHAFTS­VER­BÄN­DE UN­TER­STÜ­ZEN AUS­GE­WO­GE­NE AHV-RE­FORM

Die AHV muss drin­gend re­for­miert wer­den. Seit 2014 sind die Ein­nah­men und Aus­ga­ben nicht mehr aus­ge­wo­gen. Die Si­tua­ti­on wird sich mit der Pen­sio­nie­rung der ge­bur­ten­star­ken Jahr­gän­ge ab dem Jahr 2020 wei­ter ver­schär­fen. Die Re­form AHV21 kon­zen­triert sich auf die we­sent­li­chen Ele­men­te zum Er­halt des Leis­tungs­ni­veaus und der Si­che­rung der Fi­nan­zie­rung bis 2030: das Ren­ten­re­fe­ren­zal­ter der Frau­en soll dem­je­ni­gen der Män­ner an­ge­gli­chen und die Mehr­wert­steu­er mo­derat er­höht wer­den.

Ge­mein­sa­me Po­si­ti­on der Wirt­schafts­ver­bän­de

eco­no­mie­su­is­se, Schwei­ze­ri­scher Ar­beit­ge­ber­ver­band und der Schwei­ze­ri­sche Ge­wer­be­ver­band un­ter­stüt­zen das Ziel, die AHV kurz­fris­tig zu sta­bi­li­sie­ren, um in einem nächs­ten Schritt eine um­fas­sen­de­re Re­form an­zu­ge­hen. Al­ler­dings muss auch in die­sem ers­ten Schritt ein sinn­vol­les Gleich­ge­wicht zwi­schen struk­tu­rel­len und fi­nan­zi­el­len Mass­nah­men ge­fun­den wer­den. Kon­kret: der Zu­satz­fi­nan­zie­rung über eine Steu­er­er­hö­hung muss eine Net­to­ent­las­tung der AHV durch die Er­hö­hung des Ren­ten­re­fe­ren­zal­ters (inkl. Be­gleit­mass­nah­men) glei­chen Um­fangs ge­gen­über­ste­hen.

Die Wirt­schafts­ver­bän­de emp­feh­len, die Vor­la­ge ge­mäss den Be­schlüs­sen des Stän­de­rats an­zu­neh­men. Die Klei­ne Kam­mer hat ein aus­ge­wo­ge­nes Ge­samt­pa­ket vor­ge­schla­gen, der Na­tio­nal­rat hat sich in der letz­ten Ses­si­on je­doch wie­der von die­sem Ziel ent­fernt. Mit dem Ein­be­zug der Na­tio­nal­bank-Ne­ga­tiv­zin­sen hat er die Vor­la­ge zu­sätz­lich um ein sach­frem­des Ele­ment an­ge­rei­chert, das die Wirt­schaft de­zi­diert ab­lehnt.

Aus­gleichs­mass­nah­men sind be­rech­tigt, dür­fen aber das Gleich­ge­wicht der Re­form nicht ge­fähr­den

Die An­glei­chung des Ren­ten­re­fe­ren­zal­ters der Frau­en ist ein wich­ti­ger Bau­stein, um die AHV kurz­fris­tig zu sta­bi­li­sie­ren. Damit wird die AHV per 2030 um gut 1,4 Mil­li­ar­den Fran­ken ent­las­tet. Der Um­fang der Aus­gleichs­mass­nah­men für die be­trof­fe­ne Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on darf unter kei­nen Um­stän­den das Gleich­ge­wicht der Re­form ge­fähr­den und soll daher den fi­nan­zi­el­len Rah­men von ma­xi­mal rund 400 Mil­lio­nen  Fran­ken pro Jahr nicht über­schrei­ten.

Mo­dera­te Er­hö­hung der Mehr­wert­steu­er wird von der Wirt­schaft mit­ge­tra­gen

Im Sinne der Logik, wo­nach sich struk­tu­rel­le und fi­nan­zi­el­le Mass­nah­men die Waage hal­ten müs­sen, kann die vom Stän­de­rat be­schlos­se­ne Er­hö­hung der Mehr­wert­steu­er um ma­xi­mal 0,3 Pro­zent­punk­te mit­ge­tra­gen wer­den.

Keine gute Idee: Na­tio­nal­bank ver­po­li­ti­sie­ren

Die vom Na­tio­nal­rat vor­ge­schla­ge­ne Fi­nan­zie­rung der AHV durch die SNB-Ge­win­ne leh­nen die Wirt­schafts­ver­bän­de de­zi­diert ab. Ers­tens ist die AHV auf eine ste­ti­ge und ver­läss­li­che Fi­nan­zie­rung an­ge­wie­sen. Ne­ga­tiv­zin­sen sind je­doch eine tem­po­rä­re geld­po­li­ti­sche Mass­nah­me der Schwei­zer Na­tio­nal­bank, um die Preis­sta­bi­li­tät des Schwei­zer Fran­kens zu ge­wäh­ren. So­bald es die Um­stän­de zu­las­sen, wer­den sie auf­ge­ho­ben. Folg­lich eig­nen sich die Ein­nah­men aus den Ne­ga­tiv­zin­sen nicht für eine nach­hal­ti­ge Fi­nan­zie­rung der AHV. Zwei­tens käme deren Ver­wen­dung für die AHV einem Ein­griff in die Un­ab­hän­gig­keit der SNB gleich. Das wäre ge­fähr­lich für unser Land – pro­fi­tie­ren wir doch alle von der Sta­bi­li­tät des Schwei­zer Fran­kens.

Stand der Be­ra­tun­gen

Die Vor­la­ge be­fin­det sich in der Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gung und wird in der Herbst­ses­si­on vom Stän­de­rat be­ra­ten.

Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Som­mer­ses­si­on 2021 als Zweitrat be­ra­ten. Einig war er sich mit dem Stän­de­rat bei der An­glei­chung des Ren­ten­re­fe­ren­zal­ters auf 65 Jahre. Dif­fe­ren­zen zwi­schen den Räten be­ste­hen hin­ge­gen bei den Aus­gleichs­mass­nah­men für die Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on der Frau­en und dem Um­fang der Zu­satz­fi­nan­zie­rung über die Mehr­wert­steu­er. In bei­den Punk­ten hat der Na­tio­nal­rat die Be­schlüs­se des Stän­de­rats um­fang­mäs­sig aus­ge­wei­tet.

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge in der Früh­jahrs­ses­si­on 2021 in der Ge­samt­ab­stim­mung an­ge­nom­men. Die Klei­ne Kam­mer hat sich für die Er­hö­hung des Ren­ten­re­fe­ren­zal­ters mit mo­dera­ten Ab­fe­de­rungs­mass­nah­men und für eine Er­hö­hung der Mehr­wert­steu­er um 0,3 Pro­zent­punk­te aus­ge­spro­chen.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Nach­dem sich beide Räte be­reits in ers­ter Le­sung für eine An­glei­chung des Ren­ten­re­fe­ren­zal­ters der Frau­en auf 65 Jahre aus­ge­spro­chen hat­ten, dis­ku­tier­te der Stän­de­rat den Um­fang der Aus­gleichs­mass­nah­men für die Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on. Der Rat will die Ren­ten­zu­schlä­ge mas­siv er­hö­hen, den Kreis der zu­schlags­be­rech­tig­ten Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on auf neun Jahr­gän­ge aus­wei­ten und die Mehr­wert­steu­er um 0.4 Pro­zent­punk­te an­he­ben. Damit ver­ab­schie­det sich die Klei­ne Kam­mer von ihrer mo­dera­ten und ver­nünf­ti­gen Hal­tung und bringt struk­tu­rel­le und fi­nan­zi­el­le Mass­nah­men der AHV-Re­form in ein Un­gleich­ge­wicht. Im­mer­hin fand das An­sin­nen, Na­tio­nal­bank­gel­der für die AHV ein­zu­set­zen, keine Mehr­heit. Das Ge­schäft geht nun zu­rück in den Na­tio­nal­rat. Die Gros­se Kam­mer soll­te kor­ri­gie­rend ein­grei­fen, um das ei­gent­li­che Ziel der Vor­la­ge – die kurz­fris­ti­ge Sta­bi­li­sie­rung der AHV – nicht durch zu hohe Aus­ga­ben zu ge­fähr­den.

Bi­la­te­ra­les Ver­hält­nis Schweiz-EU nor­ma­li­sie­ren

Nach dem Schei­tern des in­sti­tu­tio­nel­len Rah­men­ab­kom­mens zei­gen sich be­reits erste Aus­wir­kun­gen einer Ero­si­on der bi­la­te­ra­len Ver­trä­ge: Im Juni ver­wei­ger­te die EU-Kom­mis­si­on der Med­tech-Bran­che den hin­der­nis­frei­en Zu­gang zum EU-Bin­nen­markt und vor Kur­zem ist die Schweiz zum nicht as­so­zi­ier­ten Dritt­staat im For­schungs­rah­men­pro­gramm «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» her­ab­ge­stuft wor­den. Für den For­schungs- und Wirt­schafts­stand­ort Schweiz las­sen diese Ent­wick­lun­gen nichts Gutes er­ah­nen. Ein lang­fris­ti­ges und sta­bi­les Ver­hält­nis zum mit Ab­stand gröss­ten Ab­satz­markt der Schwei­zer Wirt­schaft, der Eu­ro­päi­schen Union, ist von gröss­ter Be­deu­tung für den Wohl­stand un­se­res Lan­des.

Mit der Frei­ga­be des zwei­ten Schwei­zer Bei­trags an aus­ge­wähl­te EU-Mit­glied­staa­ten (Ko­hä­si­ons­bei­trag) soll das an­ge­spann­te Ver­hält­nis zwi­schen der Schweiz und der EU de­blo­ckiert wer­den. Das Par­la­ment hatte den Ko­hä­si­ons­bei­trag zwar schon im De­zem­ber 2019 be­schlos­sen, die Frei­ga­be aber seit­her blo­ckiert.

Der Bun­des­rat be­an­tragt nun dem Par­la­ment, den Bei­trag frei­zu­ge­ben.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge an­zu­neh­men.

Ra­sche Frei­ga­be des Ko­hä­si­ons­bei­trags ohne Ver­knüp­fung mit an­de­ren Dos­siers

Noch Ende 2019 war es der Stän­de­rat, der die Frei­ga­be des Ko­hä­si­ons­bei­trags nur unter der Be­din­gung er­tei­len woll­te, dass die EU keine dis­kri­mi­nie­ren­den Mass­nah­men gegen die Schweiz er­greift. Mit dem Ab­bruch der Ver­hand­lun­gen über ein in­sti­tu­tio­nel­les Rah­men­ab­kom­men mit der EU hat sich die Aus­gangs­la­ge hier­zu aber fun­da­men­tal ge­än­dert. Die Aus­sen­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on des Stän­de­rats un­ter­stützt nun rich­ti­ger­wei­se die zü­gi­ge Frei­ga­be des Ko­hä­si­ons­bei­trags ohne po­li­ti­sche Ver­knüp­fung. Auch die Schwes­ter­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­rats will den Ko­hä­si­ons­bei­trag de­blo­ckie­ren. Sie ver­langt vom Bun­des­rat je­doch, Ver­pflich­tun­gen auf der Grund­la­ge des Ko­hä­si­ons­bei­trags erst ein­zu­ge­hen, nach­dem die­ser die Fi­nan­zie­rungs­bot­schaft zur Teil­nah­me der Schweiz an Eras­mus+ vor­ge­legt hat. Das kann die Wirt­schaft nicht un­ter­stüt­zen. Auf sol­che Ver­knüp­fun­gen muss ver­zich­tet wer­den, um ins­be­son­de­re die ra­sche Vol­l­as­so­zi­ie­rung der Schweiz an «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» nicht zu ge­fähr­den.

For­schungs­platz stüt­zen

Die De­blo­ckie­rung in die­sem Ge­schäft ist für Wis­sen­schaft und Wirt­schaft in der Schweiz von zen­tra­ler Be­deu­tung. Je län­ger die voll­stän­di­ge As­so­zi­ie­rung an «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» aus­steht, desto grös­ser sind die Nach­tei­le für den Schwei­zer For­schungs­platz. So­lan­ge die Schweiz als Dritt­staat be­han­delt wird, kön­nen hie­si­ge For­schen­de weder die Ko­or­di­na­ti­on von Ver­bund­pro­jek­ten über­neh­men noch an allen Pro­gramm­tei­len teil­neh­men. Die EU wird Ver­hand­lun­gen über den vol­len Zu­gang zum For­schungs­rah­men­pro­gramm «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» für Schwei­zer For­schungs­ein­rich­tun­gen und Un­ter­neh­men erst auf­neh­men, wenn die Schweiz den Ko­hä­si­ons­bei­trag aus­löst. Ins­ge­samt soll­te mit dem Ko­hä­si­ons­bei­trag das bi­la­te­ra­le Ver­hält­nis mit der EU nor­ma­li­siert wer­den.

Stand der Be­ra­tun­gen

In der Herbst­ses­si­on 2021 berät der Stän­de­rat die Vor­la­ge als Er­strat. Die vor­be­ra­ten­de Aus­sen­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on emp­fiehlt ihrem Rat deut­lich – mit 11 zu 2 Stim­men –, den Ko­hä­si­ons­bei­trag frei­zu­ge­ben.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Die Schwei­zer Wirt­schaft nimmt mit Ge­nug­tu­ung zur Kennt­nis, dass die bei­den Kam­mern des Par­la­ments den be­reits 2019 be­schlos­se­nen zwei­ten Ko­hä­si­ons­bei­trag in der Höhe von 1,3 Mil­li­ar­den Schwei­zer Fran­ken zum Schluss der Herbst­ses­si­on frei­ge­ge­ben haben. Lesen Sie hier die aus­führ­li­che Be­ur­tei­lung von eco­no­mie­su­is­se.

MEHR­WERT­STEU­ER-EIN­HEITS­SATZ – WANN, WENN NICHT JETZT?

In der Herbst­ses­si­on dis­ku­tiert der Stän­de­rat die Mo­ti­on Ca­ro­ni für einen Ein­heits­satz mit mög­lichst we­ni­gen Aus­nah­men. Auch der Bun­des­rat un­ter­stützt die Stoss­rich­tung, an­er­kennt die wich­ti­ge Ent­las­tung der Un­ter­neh­men und den damit ver­bun­de­nen volks­wirt­schaft­li­chen Im­puls; er be­an­tragt dann al­ler­dings mit Ver­weis auf ver­gan­ge­ne po­li­ti­sche Fehl­ver­su­che sowie die zeit­li­che Nähe zur Covid-19-Krise, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen. Die Be­ur­tei­lung der Wirt­schaft fällt an­ders aus. Ein sub­stan­zi­el­ler Abbau der Bü­ro­kra­tie­kos­ten und die ad­mi­nis­tra­ti­ve Ent­las­tung der Un­ter­neh­men ist so not­wen­dig wie eh und je. Die unter Fach­leu­ten un­be­strit­ten wich­ti­ge Re­form darf nicht län­ger auf­ge­scho­ben wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Mo­ti­on an­zu­neh­men.

Im­men­se Kos­ten für die Un­ter­neh­men

Die Mehr­wert­steu­er ist an­er­kann­ter­mas­sen einer der gröss­ten ad­mi­nis­tra­ti­ven Kos­ten­fak­to­ren für die Schwei­zer Fir­men (siehe SECO Bü­ro­kra­tie­mo­ni­tor 2018). Diese Si­tua­ti­on hat mass­geb­lich mit den zahl­rei­chen Brü­chen zu tun, die das Mehr­wert­steu­er­sys­tem durch­zie­hen. Schwei­zer Un­ter­neh­men könn­ten durch eine Ver­ein­fa­chung sub­stan­zi­ell ent­las­tet wer­den. Um­ge­kehrt stei­gen die Kos­ten, wenn sich die sys­te­mi­schen Bruch­li­ni­en wei­ter ver­tie­fen und zah­len­mäs­sig noch zu­neh­men. Ak­tu­el­le Vor­stös­se im Be­reich der Mehr­wert­steu­er ver­stär­ken lei­der die zwei­te, ne­ga­ti­ve Ten­denz. Das Pro­blem für die Schwei­zer Un­ter­neh­men kann nicht da­durch ge­löst wer­den, dass für immer zahl­rei­che­re Kon­sum­be­rei­che, Fir­men- und Bran­chen­seg­men­te Aus­nah­men und Pri­vi­le­gi­en ge­schaf­fen wer­den. Jedes Pri­vi­leg stellt einen Nach­teil und eine Zu­satz­be­las­tung für an­de­re dar.

Selbst­ver­an­la­gung am Limit

Die tech­ni­sche Kom­ple­xi­tät der Mehr­wert­steu­er hat einen Punkt er­reicht, an dem die Ver­an­la­gung für das Gross der Un­ter­neh­men nicht mehr selbst hand­hab­bar ist. Meist wird ex­ter­ne Un­ter­stüt­zung be­nö­tigt, um die Mehr­wert­steu­er kor­rekt nach Ge­setz und Be­hör­den­pra­xis ab­zu­rech­nen. Für die Mehr­wert­steu­er als Selbst­ver­an­la­gungs­steu­er ist das ver­hee­rend. Es sind die Un­ter­neh­men (pri­va­te wie staat­li­che), die die Mehr­wert­steu­er für den Staat er­he­ben. Sehen sie sich dazu zu­se­hends aus­ser­stan­de, ist dies zum einen ein staats­po­li­ti­sches Pro­blem. Zum an­dern ist es auch volks­wirt­schaft­lich nicht ak­zep­ta­bel, wenn Un­ter­neh­men, al­lein um ihren recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen nach­zu­kom­men, Kos­ten in Kauf neh­men müs­sen, die jähr­lich mitt­ler­wei­le eine Mil­li­ar­de Fran­ken über­stei­gen dürf­ten. Wenn die Er­fül­lung einer Steu­er­pflicht von den Steu­er­pflich­ti­gen Mit­tel in volks­wirt­schaft­lich re­le­van­ter Höhe ab­ver­lan­gen – Mit­tel, die bes­ser in die Fir­men­ent­wick­lung, in die In­no­va­ti­on und den Er­halt von Ar­beits­plät­zen ge­lei­tet wür­den –, ist dies Aus­druck einer enor­men ver­schwen­de­ri­schen In­ef­fi­zi­enz, die stos­send ist.

Ein­heits­satz ist die ein­zig faire Lö­sung

Die Mehr­wert­steu­er ist eine all­ge­mei­ne Ver­brau­cher­steu­er. Sie soll laut Ge­setz nach dem Grund­satz der Wett­be­werbs­neu­tra­li­tät er­ho­ben wer­den. Heute wird diese Neu­tra­li­tät durch Aus­nah­men von der Steu­er­pflicht sowie durch den re­du­zier­ten Steu­er­satz (2,5 Pro­zent) und den Sond­er­satz (3,7 Pro­zent) re­la­ti­viert. Die Wege zu einer ein­fach(er) hand­zu­ha­ben­den Mehr­wert­steu­er sind be­kannt. Sie be­tref­fen an ers­ter Stel­le die Ver­ein­heit­li­chung der Steu­er­sät­ze und den Abbau mög­lichst vie­ler Steu­er­aus­nah­men. Eine Ge­setz­ge­bung, die diese Rich­tung ver­folgt, würde nicht nur die Wirt­schaft und die öf­fent­li­che Ver­wal­tung von ad­mi­nis­tra­ti­vem Auf­wand ent­las­ten, son­dern auch an­de­re Steu­er­pflich­ti­ge wie Ver­ei­ne und ge­mein­nüt­zi­ge Or­ga­ni­sa­tio­nen. Der Bun­des­rat wie auch die Wirt­schaft haben sich stets für eine sol­che Re­form aus­ge­spro­chen.

Eine faire, un­ver­zerr­te Mehr­wert­steu­er be­las­tet alle Un­ter­neh­men und alle Leis­tun­gen grund­sätz­lich gleich. Auch aus Sicht der Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten ist dies die ein­zig faire Lö­sung. Ein Vor­ge­hen mit un­ter­schied­li­chen Steu­er­sät­zen und zahl­lo­sen Aus­nah­men kann der heu­ti­gen Brei­te und Viel­falt des Kon­sums nicht ge­recht wer­den. Ein sol­ches Sys­tem ist zwangs­wei­se zu­fäl­lig, wi­der­sprüch­lich und letzt­lich un­ver­ständ­lich. Oder wie recht­fer­tigt es sich, dass Was­ser, das als Frisch­was­ser ins Haus ge­langt, zum re­du­zier­ten Satz be­steu­ert wird, als Ab­was­ser, wenn es das Haus wie­der ver­lässt, je­doch zum Nor­mal­satz? Warum ist das Start­geld für den Berg­lauf von der Steu­er aus­ge­nom­men, auf jeder Berg­füh­rer­rech­nung ste­hen je­doch 7,7 Pro­zent? Warum wer­den Strom und der Ve­lo­helm hoch be­steu­ert, Ka­vi­ar und Filet je­doch tief?

Die Mo­ti­on Ca­ro­ni ist auch des­halb zu be­für­wor­ten, weil sie dem Bun­des­rat für die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung (not­wen­di­ge Aus­nah­men, auf­kom­mens­neu­tra­ler Steu­er­satz, all­fäl­li­ges so­zia­les Kor­rek­tiv) den nö­ti­gen Spiel­raum be­lässt, um eine po­li­tisch aus­ge­wo­ge­ne Lö­sung zu fin­den. Nicht zu­letzt könn­te eine grund­le­gen­de Re­form auch das Pro­blem der Sub­ven­ti­ons­emp­fän­ger lösen – etwa Kan­to­ne und Ge­mein­den, aber auch pri­vat­wirt­schaft­li­che und ge­mein­nüt­zi­ge Or­ga­ni­sa­tio­nen –, bei denen heute Sub­ven­tio­nen von weit über einer Mil­li­ar­de Fran­ken durch die Mehr­wert­steu­er di­rekt wie­der ab­flies­sen.

Stand der Be­ra­tun­gen

In der Herbst­ses­si­on berät der Stän­de­rat die Mo­ti­on als Er­strat. Die Klei­ne Kam­mer hatte den Vor­stoss in der Som­mer­ses­si­on 2021 der zu­stän­di­gen Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben zur Vor­prü­fung zu­ge­wie­sen. Diese emp­fiehlt ihrem Rat nun, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Mo­ti­on lei­der ab­ge­lehnt. Das An­lie­gen ist damit vor­läu­fig vom Tisch, was die Wirt­schaft sehr be­dau­ert. Die po­si­ti­ven Ef­fek­te eines ver­ein­fach­ten Mehr­wert­steu­er­sys­tems auf den Wirt­schafts­stand­ort Schweiz sind der­mas­sen ge­wich­tig, dass die­ser Ent­scheid nicht nach­voll­zieh­bar ist. Die Ver­ein­fa­chung des Mehr­wert­steu­er­sys­tems ist zwar po­li­tisch an­spruchs­voll, die Mo­ti­on hätte dem Bun­des­rat je­doch den nö­ti­gen Spiel­raum für die Aus­ar­bei­tung einer aus­ge­wo­ge­nen Lö­sung ge­las­sen.