Tiflis

Um­fas­sen­des Frei­han­dels­ab­kom­men mit Ge­or­gi­en ist in Kraft

Uhren, Käse, Tro­cken­fleisch: Im Han­del zwi­schen der Schweiz und Ge­or­gi­en gel­ten seit dem 1. Mai die Re­geln des Frei­han­dels­ab­kom­mens. Wer In­dus­trie- und Land­wirt­schafts­pro­duk­te nach Ge­or­gi­en ex­por­tiert, muss also gröss­ten­teils keine oder nur ge­rin­ge Zölle be­zah­len. Aber nicht nur: Wie die Schwei­zer Un­ter­neh­men wei­ter pro­fi­tie­ren und was das Frei­han­dels­ab­kom­men po­li­tisch be­deu­tet, er­fah­ren Sie hier.

Wann wurde das Ab­kom­men ab­ge­schlos­sen?

Ge­or­gi­en will sich der Welt öff­nen. Und die Schweiz hat In­ter­es­se an mög­lichst guten Be­din­gun­gen für ihre Un­ter­neh­men, die in in­ter­na­tio­na­len Märk­ten tätig sind. Ent­spre­chend dau­er­ten die Ver­hand­lun­gen über ein Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen Ge­or­gi­en und den EFTA-Staa­ten (Schweiz, Nor­we­gen, Is­land und Liech­ten­stein) nicht län­ger als ein hal­bes Jahr. Das Ab­kom­men wurde am 27. Juni 2016 in Bern un­ter­zeich­net, im Sep­tem­ber 2017 stimm­te das Par­la­ment dem Text zu. Am 1. Mai 2018 ist das Frei­han­dels­ab­kom­men in Kraft ge­tre­ten.

Was re­gelt das Ab­kom­men?

Das Ab­kom­men ist eines der so­ge­nann­ten zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on. Das heisst, dass es klas­si­scher­wei­se den Wa­ren­han­del re­gelt: Zoll­ver­fah­ren wur­den ver­ein­facht. Und beim Ex­port von In­dus­trie­pro­duk­ten muss (mit we­ni­gen Aus­nah­men) kein Zoll mehr und für ge­wis­se Land­wirt­schafts­pro­duk­te (etwa Käse oder Scho­ko­la­de) we­ni­ger Zoll be­zahlt wer­den.

Das Ab­kom­men geht al­ler­dings über den Wa­ren­han­del hin­aus: Es ver­bes­sert auch den Markt­zu­gang für Dienst­leis­tun­gen und In­ves­ti­tio­nen. Zudem er­hal­ten Schwei­zer Un­ter­neh­men dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Zu­gang zum öf­fent­li­chen Be­schaf­fungs­we­sen und der Schutz des geis­ti­gen Ei­gen­tums sowie die Rechts­si­cher­heit wer­den er­höht.

Wel­che Be­deu­tung hat es für die wirt­schaft­li­chen Be­zie­hun­gen?

Für die stark ex­port­ori­en­tier­te Schwei­zer Wirt­schaft (zwei von fünf Fran­ken ver­dient sie im Aus­land) sind die oben ge­nann­ten ver­bes­ser­ten Rah­men­be­din­gun­gen von gros­ser Be­deu­tung. Ge­ra­de auch des­halb, weil Ge­or­gi­en zwi­schen Eu­ro­pa und Asien liegt. Seine of­fe­ne Han­dels­po­li­tik bie­tet also auch Po­ten­zi­al als Han­dels­dreh­kreuz in der Re­gi­on.

Das Frei­han­dels­ab­kom­men be­wirkt zudem, dass die Schwei­zer Un­ter­neh­men ge­gen­über ihren haupt­säch­li­chen Kon­kur­ren­ten aus der EU nicht mehr be­nach­tei­ligt sind (seit Juli 2016 ist das Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen Ge­or­gi­en und der EU in Kraft).

Wie be­deu­tend ist der ge­or­gi­sche Markt für die Schweiz?

Ge­or­gi­en hat 3,7 Mil­lio­nen Ein­woh­ner. Das Pro-Kopf-Ein­kom­men be­trägt knapp 4000 US-Dol­lar (Schweiz: 78'700 Fran­ken). Die Schweiz ex­por­tier­te 2017 Waren im Wert von 44 Mil­lio­nen Fran­ken nach Ge­or­gi­en und im­por­tier­te Waren im Wert von fünf Mil­lio­nen Fran­ken. Das Han­dels­vo­lu­men zwi­schen der Schweiz und Ge­or­gi­en ist also re­la­tiv klein. Al­ler­dings ver­dop­pel­te es sich in den letz­ten zehn Jah­ren von 24 auf 49 Mil­lio­nen Fran­ken.

Wel­che Güter sind am meis­ten ge­fragt?

2017 mach­ten phar­ma­zeu­ti­sche Pro­duk­te wert­mäs­sig mehr als die Hälf­te (56 Pro­zent) der Schwei­zer Ex­por­te aus. 15 Pro­zent der Ex­por­te waren Uhr­mach­er­wa­ren. Zehn Pro­zent waren Ma­schi­nen, Ap­pa­ra­te und Elek­tro­nik. Um­ge­kehrt im­por­tier­te die Schweiz vor allem Tex­ti­li­en, Be­klei­dung und Schu­he (43 Pro­zent) und Land­wirt­schafts­pro­duk­te (18 Pro­zent) aus Ge­or­gi­en.

Wel­che po­li­ti­sche Be­deu­tung hat das Frei­han­dels­ab­kom­men?

Die Schweiz pflegt seit Lan­gem gute Be­zie­hun­gen mit Ge­or­gi­en. So leb­ten im 19. Jahr­hun­dert zahl­rei­che Schwei­zer in Ge­or­gi­en. Sie waren im Roh­stoff­sek­tor tätig oder hal­fen als Käser, die Milch­wirt­schaft zu ent­wi­ckeln. Nach­dem die So­wjet­uni­on zu­sam­men­brach, an­er­kann­te die Schweiz 1991 die Un­ab­hän­gig­keit Ge­or­gi­ens.

Und als Kon­flik­te um Ab­cha­si­en und Süd­os­se­ti­en aus­bra­chen, über­nahm die Schweiz 2008 die Ver­tre­tung der di­plo­ma­ti­schen In­ter­es­sen Ge­or­gi­ens in Mos­kau und jene von Russ­land in Tbi­li­si. In der Be­ob­ach­ter­mis­si­on der UNO für Ge­or­gi­en (die im Som­mer 2009 en­de­te) spiel­te sie eben­falls eine ak­ti­ve Rolle.

Durch das Frei­han­dels­ab­kom­men rü­cken die Schweiz und Ge­or­gi­en wei­ter zu­ein­an­der. Da­durch, dass Ab­kom­men stets wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den und dabei von­ein­an­der ge­lernt wer­den kann, stär­ken sie das Ver­trau­en zwi­schen Un­ter­neh­mern, Po­li­ti­kern und Be­hör­den – auch in The­men jen­seits der Han­dels­po­li­tik.