Fair-Food-Initiative: Nein zur teuren Bevormundung
- Introduction Executive summary | Positions of economiesuisse
- Chapter 1 Worum geht es?
- Chapter 2 Ein nicht umsetzbares Bürokratiemonster
- Chapter 3 Teurere Lebensmittel und weniger Auswahl für die Konsumenten
- Chapter 4 Schädlich für den Detailhandel, die Lebensmittelindustrie und den Tourismus
- Chapter 5 Die Initiative bringt auch die Bauern in Bedrängnis
- Chapter 6 Bricht internationale Verträge, hilft aber niemandem
- Chapter 7 Der Trend geht in die richtige Richtung – Bevormundung ist überflüssig
- Chapter 8 Fazit: Ein klares Nein aus Sicht der Wirtschaft
Schädlich für den Detailhandel, die Lebensmittelindustrie und den Tourismus
Starke Zunahme des Einkaufstourismus
Wegen des zu erwartenden Anstiegs der Lebensmittelpreise ist damit zu rechnen, dass der Einkaufstourismus stark zulegen wird. Für den Schweizer Detailhandel könnte dies verheerende Auswirkungen haben. Gemäss der Credit Suisse kaufen Schweizer Haushalte schon heute Lebensmittel für jährlich rund drei Milliarden Franken im grenznahen Ausland ein. Der Frankenschock 2015 hat gezeigt, dass die Konsumenten preissensibel sind und bei steigenden Preisdifferenzen zwischen In- und Ausland der Einkaufstourismus zunimmt. So nahm im Zuge der Aufwertung des Schweizer Frankens 2015 der Einkaufstourismus um satte acht Prozent zu. Bei einer Annahme der Initiative müsste nicht nur wegen der attraktiveren Preise mit einer starken Verschiebung der Lebensmitteleinkäufe ins grenznahe Ausland gerechnet werden, sondern auch, weil die Auswahl im Vergleich zum schrumpfenden Angebot in der Schweiz deutlich grösser und attraktiver sein wird.
Zudem bietet der Einkaufstourismus ein Schlupfloch: Wer kontrolliert, ob Einkaufstouristen und privat importierte Lebensmittel den Schweizer Vorgaben entsprechen? Schon heute sind die Grenzübergänge an Samstagen chronisch verstopft. Und auch der Onlinehandel von Privatpersonen unterliegt nur Stichproben. Im Falle einer Annahme der Initiative müsste jede Person, die mit eingekauften Nahrungsmitteln die Grenze passiert bzw. online einkauft, kontrolliert werden. Dies ist schlicht ein Ding der Unmöglichkeit.
Diskriminierung der Schweizer Lebensmittelindustrie führt zu Wettbewerbsnachteilen
Die Schweizer Lebensmittelindustrie wäre unter anderem wegen des grossen bürokratischen Aufwands mit höheren Kosten konfrontiert. Schweizer Kaffee oder Schokolade würden einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Besonders betroffen wären einmal mehr die sehr vielen kleinen Familienunternehmen. Denn die KMU können die administrativen Aufwände nur auf eine kleinere Menge verteilen. Dementsprechend fallen sie stärker ins Gewicht als bei grossen Unternehmen. Gerade kleine Kaffeeröster oder Chocolatiers in Familienhand erlitten einen immensen Wettbewerbsnachteil mit entsprechenden Folgen auf Arbeitsplätze.
Für einen Produzenten, der sowohl für den inländischen Markt wie auch für das Ausland produziert, könnten zwar gemäss den Erläuterungen der Initianten zum Initiativtext unterschiedliche Anforderungen gelten. Für alle im Inland verkauften Lebensmittel gälten die Anforderungen gemäss der Initiative. Für Lebensmittel, die eingeführt, verarbeitet und wieder exportiert werden, könnten Ausnahmen gemacht werden. In der Praxis dürfte dies jedoch kaum umsetzbar sein. Ein Beispiel: Ein Kaffeeröster kauft Kaffeebohnen im Ausland ein. Die gerösteten Bohnen verkauft er weiter an einen grossen Kaffeehändler, der diese in Kaffeekapseln verpackt und weiterverkauft. Ein Teil der Kaffeekapseln wird auf dem Schweizer Markt verkauft, während ein anderer Teil ins Ausland exportiert wird. Wenn der Produzent der Kaffeekapseln nun die Lagerung, Verarbeitung und den Transport der Ware für die beiden Märkte separieren muss, so entsteht nicht nur ein grosser organisatorischer Mehraufwand für den Kapselhersteller, sondern auch für den Kaffeeröster: Er muss getrennte Transporte und Lager für den Kaffee organisieren, muss die Maschinen zwischendurch komplett reinigen, auch wenn dies aus hygienischen Gründen noch nicht nötig wäre, usw. Dies würde die Produktion verteuern, womit die internationale Wettbewerbsfähigkeit leiden und sich die Verlagerung der Produktion direkt in den ausländischen Absatzmarkt aufdrängen würde.
Volkswirtschaftliche Bedeutung der Lebensmittelindustrie
Die Lebensmittelindustrie ist ein wichtiger Teil der Schweizer Volkswirtschaft. Ihre Bedeutung nahm in den letzten Jahren kontinuierlich zu. Vor allem im Export verzeichnete sie ein grosses Wachstum. Zwischen 2001 und 2014 wuchs der Export der Branche um jährlich zwölf Prozent. Die Branche beschäftigt über 70'000 Arbeitnehmer, wovon über die Hälfte in kleinen und mittleren Unternehmen tätig ist.
Schlechtere Wettbewerbsfähigkeit der Tourismusbranche
Auch die Tourismusbranche wäre von den deutlich höheren Lebensmittelpreisen betroffen. Sie kämpft in vielen Bergregionen schon seit Jahren mit einem Rückgang der Besucherzahlen. Wegen der Frankenkrise in Kombination mit einigen schneearmen Wintern und einem veränderten Reiseverhalten der Touristen taumeln viele Schweizer Berggebiete. Steigende Lebensmittelpreise würden die Wettbewerbsfähigkeit vor allem der Gastronomie weiter belasten und weitere Touristen vor Ferien in der Schweiz abhalten.