Fair-Food-Initiative: Nein zur teuren Bevormundung
- Introduction Executive summary | Positions of economiesuisse
- Chapter 1 Worum geht es?
- Chapter 2 Ein nicht umsetzbares Bürokratiemonster
- Chapter 3 Teurere Lebensmittel und weniger Auswahl für die Konsumenten
- Chapter 4 Schädlich für den Detailhandel, die Lebensmittelindustrie und den Tourismus
- Chapter 5 Die Initiative bringt auch die Bauern in Bedrängnis
- Chapter 6 Bricht internationale Verträge, hilft aber niemandem
- Chapter 7 Der Trend geht in die richtige Richtung – Bevormundung ist überflüssig
- Chapter 8 Fazit: Ein klares Nein aus Sicht der Wirtschaft
Worum geht es?
Die von der Grünen Partei eingereichte Volksinitiative «Für gesunde sowie umweltfreundliche und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)» möchte den Bund dazu verpflichten, nur noch nach Ansicht der Initianten als «fair» geltende Lebensmittel in der Schweiz zuzulassen. Künftig sollen lediglich Lebensmittel zum Verkauf gelangen, die «von guter Qualität und sicher sind, umwelt- und ressourcenschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen» hergestellt wurden. Die Initiative bezieht sich auf das gesamte Lebensmittelangebot sowie auf Futtermittel. Es sind also sowohl im Inland produzierte als auch aus dem Ausland importierte Produkte betroffen.
Zur Erreichung dieser Ziele verpflichtet der Initiativtext den Bund, Zulassungs- und Deklarationsvorschriften zu erlassen. Um Lebensmittelverschwendungen einzudämmen und Erzeugnisse aus «fairem» Handel und bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betrieben zu begünstigen, bevollmächtigt sie den Bund, zusätzlich Zölle zu erheben, Kontingente zu vergeben, verbindliche Zielvereinbarungen mit Lebensmittelherstellern abzuschliessen, die Vermarktung regionaler und saisonaler Lebensmittel zu fördern und Massnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung zu treffen. Auch soll der Bund dafür sorgen, dass die negativen Umwelt- und Klimaauswirkungen von Lebensmitteln reduziert werden.
Die Initiative unterscheidet zwischen unverarbeiteten bzw. wenig verarbeiteten landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die als Lebensmittel verwendet werden, und stärker verarbeiteten Lebensmitteln sowie Futtermitteln. Bei unverarbeiteten und wenig verarbeiteten Lebensmitteln wird der Bund beauftragt, das Angebot nach den Fairness-Kriterien sicherzustellen. Bei den stärker verarbeiteten Lebensmitteln und Futtermitteln sollen diese Ziele angestrebt werden.
Initiativtext
Art. 104a Lebensmittel
1 Der Bund stärkt das Angebot an Lebensmitteln, die von guter Qualität und sicher sind und die umwelt- und ressourcenschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Er legt die Anforderungen an die Produktion und die Verarbeitung fest.
2 Er stellt sicher, dass eingeführte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die als Lebensmittel verwendet werden, grundsätzlich mindestens den Anforderungen nach Absatz 1 genügen; für stärker verarbeitete und zusammengesetzte Lebensmittel sowie für Futtermittel strebt er dieses Ziel an. Er begünstigt eingeführte Erzeugnisse aus fairem Handel und bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betrieben.
3 Er sorgt dafür, dass die negativen Auswirkungen des Transports und der Lagerung von Lebens- und Futtermitteln auf Umwelt und Klima reduziert werden.
4 Er hat insbesondere folgende Befugnisse und Aufgaben:
a. Er erlässt Vorschriften zur Zulassung von Lebens- und Futtermitteln und zur Deklaration von deren Produktions- und Verarbeitungsweise.
b. Er kann die Vergabe von Zollkontingenten regeln und Einfuhrzölle abstufen.
c. Er kann verbindliche Zielvereinbarungen mit der Lebensmittelbranche, insbesondere mit Importeuren und dem Detailhandel, abschliessen.
d. Er fördert die Verarbeitung und die Vermarktung regional und saisonal produzierter Lebensmittel.
e. Er trifft Massnahmen zur Eindämmung der Lebensmittelverschwendung.
5 Der Bundesrat legt mittel- und langfristige Ziele fest und erstattet regelmässig Bericht über den Stand der Zielerreichung. Werden diese Ziele nicht erreicht, so trifft er zusätzliche Massnahmen oder verstärkt die bestehenden.
Art. 197 Ziff. 112 11.
Übergangsbestimmung zu Artikel 104a (Lebensmittel) Tritt innert drei Jahren nach Annahme von Artikel 104a durch Volk und Stände kein Ausführungsgesetz in Kraft, so erlässt der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungsweg.
Initiative will Bio-Standard als langfristiges Ziel
Im Inland werden die Anliegen der Initiative bereits durch die vorhandenen Verfassungsartikel zur Landwirtschaft, durch das Landwirtschaftsgesetz, Lebensmittelgesetz, Tierschutzgesetz usw. erfüllt. Im Bereich Umwelt- und Gewässerschutz hat der Bundesrat den «Aktionsplan Grüne Wirtschaft» verabschiedet. Käfighaltung ist beispielsweise verboten. Die Umweltstandards sind im internationalen Vergleich hoch und werden durch den Bund mit wirksamen Instrumenten regelmässig kontrolliert und angepasst. Doch im Gegensatz zur Initiative der Grünen verfolgt der Bund eine ausgeglichene und langfristige Strategie, welche die Gesamtinteressen des Landes berücksichtigt.
Bei einer Annahme der Initiative müssten in einem ersten Schritt vor allem die Anforderungen an die importierten Produkte erhöht werden. Gemäss den Initianten sollen die Standards für Importe mindestens den heutigen Standards im Inland entsprechen. Die Vision der Initianten geht aber deutlich weiter: Gemäss dem Erläuterungsdokument zum Initiativtext sollen kurz- bis mittelfristig der IP-Standard (integrierte Produktion) und langfristig der Bio-Standard für alle Lebensmittel, die in der Schweiz verkauft werden, angestrebt werden. Dies würde zu einer starken Abschottung des schweizerischen Marktes führen.
Eigentlich besteht auch in Bezug auf Importe von Lebensmitteln kein Anlass für eine Verfassungsänderung. So sieht z.B. das Lebensmittelgesetz vor, dass für importierte Nahrungsmittel die gleichen Bestimmungen gelten wie für in der Schweiz hergestellte (LMG Artikel 2 Absatz 3). Gemäss Tierschutzgesetz kann der Bund bereits heute Importe aus Tierschutzgründen verbieten (TSchG Artikel 14 Absatz 1). Das Landwirtschaftsgesetz ermächtigt den Bundesrat, die Einfuhr von Erzeugnissen, deren Produktionsmethoden aus Gründen des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Personen, Tieren oder Pflanzen in der Schweiz unzulässig sind, zu verbieten (LwG Artikel 18).