Wer mit Gelassenheit handelt, …

Mit diesen Worten beginnt ein arabisches Sprichwort. Die Schweiz ist nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative europapolitisch unter gehörigen Druck geraten; und es ist nicht leicht, gelassen zu bleiben: Gemäss der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton will die EU keine Neuverhandlung des Abkommens. Ohne Verhandlungslösung ergeben sich jedoch hohe Risiken für den Fortbestand der Bilateralen I, wenn nicht gar für den bilateralen Weg als Ganzes.
Wie ist nun diese Entwicklung zu werten? Und was soll die Schweiz unternehmen?

Erstens versucht die EU die Schweiz verhandlungstaktisch unter Druck zu setzen. Für die Schweiz steht mit dem ungehinderten Zugang zum europäischen Binnenmarkt wirtschaftlich sehr viel auf dem Spiel. Zweitens war die Ablehnung der EU von Verhandlungen über Kontingente und Inländervorrang zu erwarten. Drittens haben beide Seiten ein starkes Interesse am Bilateralismus. Während fast 60 Prozent der Schweizer Exporte in die EU gehen, ist die Schweiz mit einem fortwährenden Handelsbilanzüberschuss zugunsten der EU regelrechter Exportmotor für Letztere und wichtige Arbeitgeberin für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger.

Was soll die Schweiz nun unternehmen? Welcher Weg ist der richtige? Hier kommt der zweite Teil des arabischen Sprichworts ins Spiel: «Wer mit Gelassenheit handelt, erreicht, was er anstrebt».

Die Schweiz strebt die Beibehaltung und Erweiterung des Zugangs zum europäischen Binnenmarkt an. Da die EU jedoch primär ein politisches Projekt ist, müssen wir vermehrt die politische Ebene ansprechen. Es ist daher – gelassen – darauf hinzuweisen, dass die Schweiz Verhandlungen anbietet. Die EU-Mitgliedstaaten müssen entscheiden, ob sie Verhandlungen über die Personenfreizügigkeit politisch besser finden, als das Zeitfenster tatsächlich ungenutzt verstreichen zu lassen. Und wenn die EU gemäss Catherine Ashton offen ist für Gespräche über praktische Probleme mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen, ist dieser Faden aufzunehmen. Denn nur mit einem pragmatischen Ansatz lassen sich die Probleme bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative angehen.