Keine Dog­men in der Ver­la­ge­rungs­po­li­tik

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die vom Bun­des­rat vor­ge­schla­ge­ne brei­te Dis­kus­si­on zur Ver­la­ge­rungs­po­li­tik. Eine rea­li­täts­na­he Dis­kus­si­on zur al­pen­que­ren­den Ver­kehrs­po­li­tik ist hilf­reich, um ver­kehrs­po­li­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen in der Schweiz an­zu­ge­hen. Das dog­ma­ti­sche Fest­hal­ten an zah­len­mäs­sig will­kür­li­chen Vor­ga­ben ist hin­ge­gen nicht hilf­reich.
​Der heute vom Bun­des­rat ver­ab­schie­de­te Ver­la­ge­rungs­be­richt 2011 hält fest, dass das Zwi­schen­ziel von ma­xi­mal einer Mil­li­on al­pen­que­ren­der Last­wa­gen­fahr­ten im lau­fen­den Jahr nicht er­reicht wird. Auch das Ziel von jähr­lich höchs­tens 650'000 Fahr­ten im Jahr 2018 lässt sich unter den heu­ti­gen Um­stän­den nicht er­rei­chen. Der Bun­des­rat er­wägt des­halb zu­sätz­li­che Mass­nah­men, um dem Ver­fas­sungs- und Ge­set­zes­auf­trag nach­zu­kom­men.

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die ge­plan­te brei­te Dis­kus­si­on zur Ver­la­ge­rungs­po­li­tik aus­drück­lich. Auch die vom Bun­des­rat er­wähn­ten Mög­lich­kei­ten ver­die­nen es, ge­prüft zu wer­den. Ver­bes­se­run­gen bei­spiels­wei­se bei den Ter­mi­nal­ka­pa­zi­tä­ten oder den Zu­fahr­ten auf der Gott­hard­ach­se kön­nen durch­aus sinn­voll sein, um die Gü­ter­trans­por­te per Bahn ins­be­son­de­re für den Tran­sit at­trak­ti­ver zu ma­chen.

Zen­tral ist aber, dass eine rea­li­täts­na­he Dis­kus­si­on über die gel­ten­den Ver­fas­sungs- und Ge­setz­sauf­trä­ge ge­führt wird und auch «hei­li­ge Kühe» wie das Nacht­fahr­ver­bot kri­tisch über­prüft wer­den. Eben­falls müs­sen die po­li­ti­schen Ziel­kon­flik­te im Schie­nen­ver­kehr – bei­spiels­wei­se die ri­go­ro­se Prio­ri­sie­rung des Per­so­nen­ver­kehrs ge­gen­über dem Gü­ter­ver­kehr oder die Re­duk­ti­on von ur­sprüng­lich ge­plan­ten Tras­sen des Gü­ter­ver­kehrs zu­guns­ten des Per­so­nen­ver­kehrs – kon­se­quent an­ge­gan­gen und ge­löst wer­den.

Falsch wäre der Ver­such, die At­trak­ti­vi­tät der Bahn zu er­hö­hen, indem al­ter­na­ti­ve Ver­kehrs­trä­ger wie die Stras­se be­wusst ge­schwächt wür­den. eco­no­mie­su­is­se be­ur­teilt die vom Bun­des­rat er­wähn­ten «deut­lich hö­he­ren Ge­büh­ren für den al­pen­que­ren­den Last­wa­gen­ver­kehr», die zur Er­rei­chung des Ver­la­ge­rungs­ziels nötig seien, des­halb sehr kri­tisch. Nicht nur auf­grund der gel­ten­den Ver­fas­sungs­be­stim­mun­gen und des Land­ver­kehrs­ab­kom­mens mit der EU, son­dern auch auf­grund der ent­ste­hen­den volks­wirt­schaft­li­chen Ef­fek­te.

Gü­ter­ver­kehr lässt sich nicht los­ge­löst von rea­len Pro­duk­ti­ons- und Kon­sum­stand­or­ten am Schreib­tisch pla­nen. Dies gilt für fest­ge­setz­te Mo­dal­spli­tan­tei­le wie auch für in Zah­len fest­ge­schrie­be­ne Ma­xi­mal­fahr­ten durch be­zie­hungs­wei­se über die Alpen. Kei­nes­falls kann die Schweiz gar die eu­ro­pa­wei­ten Nord-Süd-Ver­keh­re im Al­lein­gang steu­ern. Eine breit ab­ge­stütz­te Dis­kus­si­on, die auch die Si­tua­tio­nen im eu­ro­päi­schen Um­land be­rück­sich­tigt, ist des­halb an­ge­zeigt. Sie muss aber wirk­lich offen, rea­li­täts­nah und un­dog­ma­tisch ge­führt wer­den.