USA

Freihandelsabkommen mit den USA: Unrealistisch, ausser man macht es!

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die USA sind die einzige Handelspartnerin in der obersten Gewichtsklasse, mit der wir noch kein Freihandelsabkommen haben.
  • Das letzte Mal scheute sich der Bundesrat davor, die Verhandlungen einzuleiten, da er von den USA die Forderung nach einer weitgehenden Marktöffnung für Agrarprodukte, sprich Rindfleisch, befürchtete.
  • Ein Freihandelsabkommen mit den USA ist unrealistisch, es sei denn, man macht es. Man sollte einen neuen Versuch für ein Freihandelsabkommen mit den USA unternehmen. Gerade in der Agrarpolitik sollten Lösungen möglich sein.

Die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten ist vor etwas mehr als einem Monat erfolgt. Seitdem wird viel über ein neues Freihandelsabkommen mit den USA diskutiert. Die USA sind seit nunmehr drei Jahren, noch vor Deutschland, der wichtigste Absatzmarkt unserer Exportnation Schweiz. In quantitativer Hinsicht ist dies eine Erfolgsstory für beide Seiten, in qualitativer Hinsicht fällt aber das Fehlen eines Freihandelsabkommens auf. Dies umso mehr, als die Schweiz mit all ihren sonstigen Top-10-Exportmärkten über ein solches verfügt.

Die USA sind für den Wohlstand der Schweiz viel zu wichtig, als dass der Marktzugang nicht mit einem Freihandelsabkommen gesichert und weiter verbessert werden sollte.

Ein Abkommen würde die positive Dynamik bei Handel und Investitionen verstärken

Die Zahlen über das bilaterale Handelsvolumen mit den USA sprechen für sich. So haben sich die Schweizer Warenexporte in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als verdreifacht und erreichten im Jahr 2023 rund 49 Mrd. Franken. Die USA ihrerseits lieferten Güter im Wert von 15 Mrd. Franken in die Schweiz. Ist dieses Handelsbilanzdefizit der USA bei den Waren in der Höhe von 34 Mrd. Franken zugunsten der Schweiz ein Problem? Nein, es ist stark zu relativieren. Dazu muss man die Zahlen zum Dienstleistungshandel heranziehen: Hier besteht nämlich ein grosser Handelsbilanzüberschuss zu Gunsten der USA, die im Jahr 2023 Dienstleistungen im Wert von 50 Mrd. Franken in die Schweiz verkauften. Die Schweiz ihrerseits exportierte Dienstleistungen im Wert von 27 Mrd. Franken in die USA.

 

 

Ein Freihandelsabkommen kann sowohl bei Gütern wie auch bei Dienstleistungen die Dynamik in beide Richtungen verstärken. Die Schweiz verzeichnet zudem hohe Direktinvestitionen aus den USA beispielsweise im IT-Bereich – was wiederum den Dienstleistungshandel nochmals ausweiten wird. Gleichermassen gehört die Schweiz zu den sieben grössten Direktinvestorinnen in den USA. Bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung gar zu den Top drei aller ausländischer Partner.

Es braucht jetzt einen neuen Anlauf ohne Denkschranken

Die aktuellen Forderungen, mit den USA einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen zu nehmen, sind auf jeden Fall zu unterstützen. Hierfür gibt es die oben aufgezeigten gesamtwirtschaftlichen Gründe. Doch es gibt auch harte Fakten, die eine ganz andere Realität abbilden. Und diese sind realpolitischer Natur: Der letzte Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA scheiterte 2006 kläglich. Nach erfolgreichen Explorationsgesprächen konnte sich der damalige Bundesrat einfach nicht durchringen und die Verhandlungen auch tatsächlich einleiten. Die US-Seite war – um es zurückhaltend auszudrücken – leicht verwundert: Zuerst lobbyierte die Schweiz intensiv und erfolgreich für ein Abkommen, nur um dann gleich wieder auszusteigen. Das machte doch keinen Sinn! Machte es eben doch. Der Bundesrat scheute sich davor, die Verhandlungen einzuleiten, da er von den USA die Forderung nach einer weitgehenden Marktöffnung für Agrarprodukte, sprich Rindfleisch, befürchtete. Das sind eben auch harte Fakten, die politisch zählen. Sind vor diesem Hintergrund die aktuellen Forderungen für einen neuen Anlauf überhaupt realisierbar? Eigentlich nicht, da sich die Schweizer Agrarpolitik seither nicht gross bewegt hat und weitgehende Marktöffnungen für US-Agrarprodukte realitätsfern sind. Könnte man denken. Doch wer so denkt, blockiert sich selbst.

Die USA sind als Partnerin einfach zu wichtig

Es braucht einen ambitionierteren Ansatz: Ein Freihandelsabkommen mit den USA ist unrealistisch, es sei denn, man macht es! So sehr die Schweiz in der Agrarpolitik protektionistisch ist, so sehr fällt sie mit nur neun Millionen Konsumierenden für grossvolumige US-Agrarexporte schlicht nicht ins Gewicht. Hier sollten also Lösungen möglich sein, dafür hat die Schweiz ihre erstklassige Wirtschaftsdiplomatie – und die USA ebenso. Auch ist das Bild zu korrigieren, die Schweiz habe einen abgeschotteten Agrarmarkt – der Selbstversorgungsgrad erreicht ja netto nur 53 Prozent. In Tat und Wahrheit ist die Schweiz also eine grosse Nettoimporteurin von Agrarprodukten und Lebensmitteln. Angesichts einer Weltwirtschaft, die immer protektionistischer wird, haben wir ein starkes Interesse unsere Exportinteressen möglichst gut abzusichern. Die USA sind die einzige Handelspartnerin in der obersten Gewichtsklasse, mit der wir noch kein Freihandelsabkommen haben. Es ist daher Zeit, unsere Komfortzone zu verlassen und das Unmögliche möglich zu machen. Und dass die Schweiz das auch tatsächlich erreichen kann, hat unsere Exportnation mehrfach unter Beweis gestellt!