Evaluation des Corona-Krisenmanagements durch die Bundeskanzlei: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung
Der Bundesrat hat heute den Bericht zur Auswertung des Krisenmanagements in der zweiten Phase der Covid-19-Pandemie (August 2020 bis Oktober 2021) zur Kenntnis genommen. Die Ausführungen des Bundeskanzlers an der anschliessenden Medienkonferenz zeigen, dass an einigen richtigen Stellen Verbesserungspotenzial erkannt wurde. Die nötigen Anpassungen müssen rasch gemacht werden, denn die nächsten Krisen warten nicht.
Der Bundesrat anerkennt, dass beim Krisenmanagement der Bundesverwaltung dringlicher Handlungsbedarf besteht. Ebenso hält er fest, dass auf strategischer Stufe «die Antizipation möglicher Krisen und Lageentwicklungen in einer solchen verbesserungswürdig» sei. economiesuisse ist erfreut, dass die Landesregierung zu diesen Erkenntnissen kommt. Denn seit Beginn der Pandemie war eine der Hauptforderungen des Wirtschaftsdachverbands, dass stärker in Szenarien geplant werden muss. Ebenso hat sich aus Sicht der Unternehmen während der Pandemie sehr früh gezeigt, dass die Krisenorganisation beim Bund nicht krisentauglich ist. Während der Medienkonferenz wurde leider ein weiterer Hauptproblembereich nicht angesprochen: das mangelhafte Datenmanagement, weswegen die Schweiz oftmals im Blindflug durch die Pandemie manövrieren musste.
Permanenter Krisenstab nötig
Die fehlende taugliche Krisenorganisation ohne übergeordnetes Krisenmanagement führte zu einem Verwalten der Krise. Während dieser wurde grösstenteils gleich gearbeitet wie in normalen Zeiten, einfach massiv schneller und unter viel höherem Druck. Aus Sicht von economiesuisse bräuchte der Bund in Zukunft einen professionellen, permanenten Krisenstab, der in allen möglichen Krisensituationen eingesetzt werden kann. Er muss über ein vorgängig definiertes Organigramm mit klaren Verantwortlichkeiten verfügen. Denn nur mit einer permanenten Stabsorganisation ist in einer nationalen Notlage eine rasche und professionelle Eskalation aus dem Stand möglich. Er ist aus den Bundesdepartementen herauszulösen und im Krisenfall direkt dem Gesamtbundesrat zu unterstellen.
Führungspersonen mit Kompetenzen im Krisenmanagement sollten ständige Mitglieder des Krisenstabs des Bundes sein. Der Vorsitz sollte nicht wie bisher erst bei Anbruch einer Notlage bestimmt werden, sondern bereits vorgängig für alle Fälle durch eine erfahrene Krisenmanagerin oder einen erfahrenen Krisenmanager besetzt werden. Die ständigen Mitglieder werden während einer Notlage durch spezifische Fachpersonen ergänzt. Damit die Abläufe funktionieren, muss der Krisenstab in unterschiedlichen Zusammensetzungen üben und jederzeit einsatzbereit sein. Ebenso ist die Art des Einbezugs der Kantone, der Verbände, der Wissenschaft und weiterer Akteure im Voraus zu definieren.
Unsicherheiten in Szenarien abbilden
Es ist eine Binsenwahrheit, dass die Zukunft unbekannt ist und Punktprognosen sehr schwierig sind. In einer Krise gilt dies umso mehr: Das Erstellen einer Prognose wird dann um ein Vielfaches komplexer. Die grosse Unsicherheit muss in verschiedenen Szenarien abgebildet werden, damit auf neue Entwicklungen rasch reagiert werden kann. Daher ist eine regelmässige Lagebeurteilung inklusive der Publikation von möglichen Entwicklungsszenarien eine wichtige Aufgabe eines Krisenstabs, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Das ermöglicht einen geordneten Arbeitsprozess der Bundesverwaltung und der Kantone anhand frühzeitig erarbeiteter Eventualplanungen.
Dies sind einige Massnahmen, die aus Sicht von economiesuisse die Krisenfähigkeit der Schweiz steigern würden. Ein Dossierpolitik mit weiteren Erkenntnissen aus der Corona-Pandemie und weiteren konkreten Forderungen wird der Wirtschaftsdachverband nächste Woche veröffentlichen. economiesuisse erwartet, dass nun der Bundesrat rasch die richtigen Weichen stellt, damit das Krisenmanagement in Zukunft besser und vorausschauender funktioniert.