Stestoskop

Die Schweiz braucht eine nach­hal­ti­ger aus­ge­stal­te­te Ge­sund­heits­po­li­tik

Trotz sei­ner enor­men volks­wirt­schaft­li­chen Be­deu­tung ist das Schwei­zer Ge­sund­heits­sys­tem heute über­re­gu­liert, in­trans­pa­rent und teil­wei­se auch in­no­va­ti­ons­hem­mend. Gleich­zei­tig dreht sich die ge­sund­heits­po­li­ti­sche De­bat­te fast aus­schliess­lich um die Kos­ten. eco­no­mie­su­is­se will mit neuen ge­sund­heits­po­li­ti­schen Leit­li­ni­en, die heute er­schei­nen, an­de­re Ak­zen­te set­zen: für eine Ge­sund­heits­po­li­tik, die sich an den Re­geln guter Re­gu­lie­rungs­pra­xis ori­en­tiert, Wett­be­werb, Trans­pa­renz und In­no­va­ti­on för­dert, Selbst­ver­ant­wor­tung stär­ker ge­wich­tet und dem Trend hin zu immer mehr In­di­vi­dua­li­tät auch bei der Fi­nan­zie­rung Rech­nung trägt.

Der Schwei­zer Ge­sund­heits­sek­tor wächst und wächst – und eben­so sein An­teil an den Aus­ga­ben der öf­fent­li­chen Hand. Gleich­zei­tig sind immer grös­se­re Teile des Ge­sund­heits­we­sens star­ken staat­li­chen Ein­grif­fen aus­ge­setzt. Der Leis­tungs­wett­be­werb wird durch immer neue Re­gu­lie­run­gen ab­ge­würgt, wobei viele davon nur nötig wer­den, weil äl­te­re Re­gu­lie­run­gen nicht oder un­voll­stän­dig um­ge­setzt wur­den. Und trotz­dem: Stand heute ist die Schwei­zer Be­völ­ke­rung noch immer sehr zu­frie­den mit ihrer me­di­zi­ni­schen Ver­sor­gung. Aus Sicht von eco­no­mie­su­is­se be­steht al­ler­dings auf ver­schie­de­nen Fel­dern Hand­lungs­be­darf, will man diese Zu­frie­den­heit nicht ge­fähr­den. In sei­nen neuen ge­sund­heits­po­li­ti­schen Leit­li­ni­en, die heute pu­bli­ziert wur­den, stellt der Wirt­schafts­dach­ver­band fünf Kern­for­de­run­gen auf, die punk­to Qua­li­tät, In­no­va­ti­on und Fi­nan­zier­bar­keit zu einem nach­hal­ti­ger aus­ge­rich­te­ten Schwei­zer Ge­sund­heits­we­sen bei­tra­gen sol­len.

Fünf Kern­for­de­run­gen der Wirt­schaft

Ers­tens sol­len die Rol­len im Ge­sund­heits­sek­tor kla­rer ge­trennt wer­den: Die öf­fent­li­che Hand soll die Rah­men­be­din­gun­gen fest­le­gen, das Er­brin­gen der Leis­tun­gen aber pri­va­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen über­las­sen. Zwei­tens for­dert eco­no­mie­su­is­se mehr Mut zum Wett­be­werb. Vor­aus­set­zung dafür ist eine deut­lich hö­he­re Trans­pa­renz über die Qua­li­tät der er­brach­ten Leis­tun­gen. Nur wenn die Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten gut in­for­miert eine Aus­wahl tref­fen kön­nen, wer­den sich Qua­li­tät und Ef­fi­zi­enz durch­set­zen. Der Zu­gang zu in­no­va­ti­ven Be­hand­lungs­mög­lich­kei­ten für alle ist das drit­te Kern­an­lie­gen der Wirt­schaft. Hier steht die Po­li­tik in der Ver­ant­wor­tung, in­no­va­ti­ons­freund­li­che Rah­men­be­din­gun­gen zu schaf­fen – nicht nur für die Ent­wick­lung neuer The­ra­pi­en, son­dern auch für mo­der­ne Pro­zes­se wie das elek­tro­ni­sche Pa­ti­en­ten­dos­sier.

Eine vier­te For­de­rung von eco­no­mie­su­is­se zielt auf die Selbst­ver­ant­wor­tung: Gut in­for­mier­te Pa­ti­en­tin­nen und Pa­ti­en­ten, die über ent­spre­chen­de Wahl­mög­lich­kei­ten ver­fü­gen, stär­ken die Bran­che lang­fris­tig. Ohne sie ist ein ech­ter Leis­tungs­wett­be­werb nicht denk­bar. Er funk­tio­niert aber nur, wenn fünf­tens auch fi­nan­zi­el­le Ge­sichts­punk­te bei den Ent­schei­dun­gen der Kun­din­nen und Kun­den eine Rolle spie­len. Des­halb soll­te sich der all­ge­mei­ne Trend hin zu mehr In­di­vi­dua­lis­mus auch in der Fi­nan­zie­rung der Ge­sund­heits­leis­tun­gen ab­bil­den. Heute ist das Ge­gen­teil der Fall: Der so­li­da­risch fi­nan­zier­te An­teil der Ge­sund­heits­kos­ten steigt von Jahr zu Jahr, was sich unter an­de­rem in hö­he­ren Grund­ver­si­che­rungs­prä­mi­en nie­der­schlägt.

Grös­se­re Frei­räu­me für bes­se­re Ent­schei­dun­gen

An­statt mit po­li­ti­schen Vor­stös­sen und In­itia­ti­ven ein­fach die Kos­ten de­ckeln zu wol­len, ver­folgt eco­no­mie­su­is­se einen ganz­heit­li­chen An­satz. Das Kran­ken­ver­si­che­rungs­ge­setz ba­siert auf dem Mo­dell des re­gu­lier­ten Wett­be­werbs. Um die­sen zu ver­bes­sern, wäre eine ein­heit­li­che Fi­nan­zie­rung von am­bu­lan­ten und sta­tio­nä­ren Leis­tun­gen und der Umbau hin zu einem wer­te­ori­en­tier­ten Ge­sund­heits­we­sen von­nö­ten. Ein Re­form­plan von Frau Prof. Eliz­a­beth Teis­berg liegt vor. So wird das Schwei­zer Ge­sund­heits­sys­tem mit we­ni­ger engen staat­li­chen Ein­grif­fen zu­kunfts­taug­lich ge­macht: für In­no­va­ti­on, für un­ter­neh­me­ri­sches Han­deln und für in­for­ma­ti­ons­ba­sier­te Ent­schei­dun­gen auf Pa­ti­en­ten­sei­te.