Marktstrasse Türkei

Wirtschaftsmission Schweiz-Türkei: Herausforderungen adressieren und Beziehungen vertiefen

Unter der Leitung von Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch ist vom 27. bis 29. September eine Schweizer Delegation für eine Wirtschaftsmission in die Türkei gereist. Schweizer Wirtschaftsvertretende konnten ihre handelspolitischen Anliegen beim türkischen Handelsministerium wirkungsvoll einbringen. Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit von türkischen und schweizerischen Unternehmen im Bereich Engineering, Procurement & Construction vertieft diskutiert. Letztere soll in den nächsten Jahren ausgebaut werden.

Acht Jahre nach ihrem letzten offiziellen Besuch in der Türkei ist Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch Anfang dieser Woche erneut für eine dreitägige Wirtschaftsmission nach Istanbul und Ankara gereist. Als wichtiger Handels- und Investitionspartner mit grossem Potenzial misst die Schweiz der Türkei wirtschaftlich eine hohe Bedeutung bei. Die Staatssekretärin wurde denn auch von einer umfassenden Wirtschaftsdelegation unter der Leitung von economiesuisse begleitet: Mit dabei waren Vertretende der Schweizer Maschinen-, Pharma- und Uhrenindustrie, aber auch ein Finanzdienstleister, Switzerland Global Enterprise (S-GE) und die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV).

Modernisiertes Freihandelsabkommen als Momentum zur Adressierung bestehender Herausforderungen

Der Zeitpunkt des Schweizer Besuchs in der Türkei war nicht zufällig gewählt: Am 1. Oktober tritt das modernisierte Freihandelsabkommen zwischen der Türkei und den EFTA-Staaten (darunter die Schweiz) in Kraft, welches das bestehende Abkommen aus dem Jahr 1992 ersetzen wird. Beide Parteien versprechen sich durch die Modernisierung eine Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen.

Trotz dieser positiven Aussichten bestehen für Schweizer Firmen nach wie vor verschiedene Herausforderungen in den Handelsbeziehungen mit der Türkei. Dazu gehört einerseits das unberechenbare Investitionsumfeld, ausgelöst durch die hohe Inflation (über 17 Prozent im April 2021) und die schwierige politische Situation in der Türkei (nicht zuletzt mit ihren Nachbarstaaten). Andererseits ist der Marktzugang in die Türkei für viele Schweizer Unternehmen noch immer erschwert – dies insbesondere aufgrund komplexer Zollformalitäten und hoher Anforderungen an Einfuhrdokumente. Diese und weitere branchenspezifische Anliegen konnten die Delegationsteilnehmenden anlässlich zweier konstruktiver Treffen mit den türkischen Vizehandelsministern Turagay und Tuzcu direkt adressieren.

Bilaterale Zusammenarbeit bei ausländischen Infrastrukturprojekten vertiefen

Trotz der oben beschriebenen wirtschaftlichen Verwerfungen hat die türkische Wirtschaft in den letzten Jahren eine erstaunliche Resilienz bewiesen. Dafür mitverantwortlich ist ein für die Türkei zentraler Wirtschaftszweig: die Bauindustrie. Im Jahr 2020 haben türkische EPC-Firmen (Engineering, Procurement & Construction) im Nahen Osten, Afrika, Osteuropa und Zentralasien 348 Infrastrukturprojekte im Wert von insgesamt 15,1 Milliarden US-Dollar vorangetrieben. Mit 44 Firmen in den Top-250 ist die Türkei hinter China der weltweit zweitgrösste «Contractor». Als Zulieferer oder «Subcontractors» von grossen Generalunternehmen bieten solche ausländische Infrastrukturgrossprojekte aber auch Chancen für Schweizer Firmen, beispielsweise in den Bereichen Schienenfahrzeuge, Energie, Umwelttechnik oder der Finanzierung. Es erstaunt deshalb nicht, dass der Bundesrat Ende 2019 beim SECO eine zentrale Koordinationsstelle geschaffen hat, um Schweizer Firmen den Zugang zu Infrastrukturprojekten zu erleichtern.

Vor diesem Hintergrund sind denn auch die zahlreichen Treffen zwischen dem türkischen Bauunternehmenverband (Turkish Contractors Association, TCA) und der Schweizer Wirtschaftsdelegation zu verstehen, welche im Rahmen der Wirtschaftsmission stattgefunden haben. Dabei wurden verschiedene Projekte namhafter türkischer Bauunternehmen (wie z.B. Tekfen oder Yapi Merkezi) vorgestellt und über eine Vertiefung der Zusammenarbeit – insbesondere auch in Bezug auf Schweizer Finanzierungslösungen – diskutiert. Erste Resultate dieser Gespräche sollen anlässlich der Gemischten Wirtschaftskommission (Joint Economic Commission, JEC) analysiert werden, welche nächstes Jahr in der Türkei stattfinden soll.