Papierschiffe mit Schweizer udn EU Fahne

Rah­men­ab­kom­men: Of­fe­ne Punk­te rasch klä­ren und dann eine Ge­samt­be­ur­tei­lung vor­neh­men

Die bei­den Wirt­schafts­dach­ver­bän­de eco­no­mie­su­is­se und Schwei­ze­ri­scher Ar­beit­ge­ber­ver­band haben sich heute in einer ge­mein­sa­men Er­klä­rung vor den Me­di­en de­zi­diert für die ra­sche Klä­rung der noch of­fe­nen Punk­te im Rah­men­ab­kom­men aus­ge­spro­chen. Auf der Basis der kon­kre­ten Ge­spräch­s­er­geb­nis­se zwi­schen Bern und Brüs­sel ist in einem zwei­ten Schritt eine Ge­samt­be­ur­tei­lung vor­zu­neh­men. Ge­fragt sind jetzt ra­sche, kon­struk­ti­ve Ge­sprä­che, nicht vor­ei­li­ge Schlüs­se.

Das Ziel der schwei­ze­ri­schen Eu­ro­pa­po­li­tik muss die mög­lichst dis­kri­mi­nie­rungs­freie Teil­nah­me der Schwei­zer Un­ter­neh­men am eu­ro­päi­schen Bin­nen­markt blei­ben. Mit einem Schwei­zer Ex­port­an­teil von rund 50 Pro­zent und einem Im­port­an­teil von rund 80 Pro­zent ist die­ser Markt mit Ab­stand der wich­tigs­te Ab­satz- und Be­schaf­fungs­markt für unser Land. Das wird in ab­seh­ba­rer Zu­kunft auch so blei­ben.

Die­ses eu­ro­pa­po­li­ti­sche Ziel wird am bes­ten über den bi­la­te­ra­len Weg er­reicht. Der bi­la­te­ra­le Weg ist auf die Be­dürf­nis­se der Schweiz mass­ge­schnei­dert und wurde vom Schwei­zer Stimm­volk in den letz­ten 20 Jah­ren an der Urne rund zehn­mal be­stä­tigt. «Die Schwei­zer Be­völ­ke­rung und die Wirt­schaft ste­hen ge­mein­sam hin­ter dem bi­la­te­ra­len Weg», be­ton­te Va­len­tin Vogt, Prä­si­dent des Ar­beit­ge­ber­ver­bands, an­läss­lich der Jah­res­me­di­en­kon­fe­renz von eco­no­mie­su­is­se. Diese star­ke Un­ter­stüt­zung des bi­la­te­ra­len Wegs durch das Schwei­zer­volk ist die lo­gi­sche Folge der gros­sen Vor­tei­le: Ge­mäss einer Stu­die der Ber­tels­mann-Stif­tung gibt es kein Land, das so stark vom eu­ro­päi­schen Bin­nen­markt pro­fi­tiert wie die Schweiz.

Damit die Schweiz die sek­t­o­ri­el­le Teil­nah­me am Bin­nen­markt be­hal­ten kann, muss sie den heu­ti­gen bi­la­te­ra­len Weg si­chern und nach Mög­lich­keit wei­ter­ent­wi­ckeln. Als Lö­sung für diese Her­aus­for­de­rung steht das Rah­men­ab­kom­men im Vor­der­grund. Die an­ge­streb­te Rechts­si­cher­heit sowie Plan­bar­keit sind wich­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen für In­ves­ti­tio­nen von Un­ter­neh­men am Wirt­schafts­stand­ort Schweiz und den Er­halt von Ar­beits­plät­zen und Know-how in der Schweiz.

Aus die­sen Grün­den un­ter­stützt die Wirt­schaft seit Jah­ren die Ziel­set­zung eines Rah­men­ab­kom­mens, dies im Be­wusst­sein, dass die Qua­li­tät des Ab­kom­mens für des­sen in­nen­po­li­ti­sche Ak­zep­tanz ab­so­lut zen­tral ist. Ohne Ab­si­che­rung durch ein Rah­men­ab­kom­men ist damit zu rech­nen, dass die Teil­nah­me der Schweiz am eu­ro­päi­schen Bin­nen­markt nach und nach ero­diert. Ei­ni­ge Bran­chen wer­den diese Ero­si­on schon sehr bald kon­kret zu spü­ren be­kom­men, wenn bis im Mai 2021 keine Lö­sung für die Kon­for­mi­tätsa­n­er­ken­nung ge­fun­den ist. Auch für Wis­sen­schaft und For­schung in der Schweiz ist mit gra­vie­ren­den Nach­tei­len zu rech­nen, wenn die Schweiz keine Vol­l­as­so­zi­ie­rung zum eu­ro­päi­schen For­schungs­rah­men­pro­gramm Ho­ri­zon Eu­ro­pe er­zie­len kann. Die Schweiz ist eine in­no­va­ti­ons­ba­sier­te Ex­port­na­ti­on und braucht erst­klas­si­ge, in­ter­na­tio­nal ver­netz­te For­schungs­in­sti­tu­tio­nen.

Neben der Ero­si­on der be­ste­hen­den Ab­kom­men wer­den auch keine neuen bi­la­te­ra­len Ab­kom­men mit der EU aus­ge­han­delt wer­den kön­nen. Dies be­trifft ins­be­son­de­re das Strom­ab­kom­men, wel­ches für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit der Schweiz es­sen­zi­ell ist.

Der Sta­tus quo ist somit aus heu­ti­ger Sicht keine Op­ti­on. Die be­ste­hen­den Ver­trä­ge müs­sen auf­da­tiert wer­den kön­nen, um ihren Wert zu er­hal­ten. Ohne die Auf­da­tie­rung und ohne Wei­ter­ent­wick­lung ist mit er­heb­li­chen volks­wirt­schaft­li­chen Fol­gen für unser Land zu rech­nen. Der heu­ti­ge bi­la­te­ra­le Weg würde ob­so­let. Allen Be­teue­run­gen zum Trotz sind der­zeit keine gleich­wer­ti­gen Al­ter­na­ti­ven zum bi­la­te­ra­len Weg in Sicht. Sämt­li­che ver­füg­ba­ren Al­ter­na­ti­ven sind ent­we­der po­li­tisch nicht ge­wollt und damit nicht um­setz­bar oder sie bie­ten keine gleich­wer­ti­ge Be­tei­li­gung am eu­ro­päi­schen Bin­nen­markt.

Eu­ro­pa­po­li­ti­schen Schwe­be­zu­stand be­en­den

Nach in­ten­si­ven in­nen­po­li­ti­schen Kon­sul­ta­tio­nen hat der Bun­des­rat im Juni 2019 be­schlos­sen, bei drei um­strit­te­nen The­men­fel­dern ge­mein­sam mit der EU Klä­run­gen und Prä­zi­sie­run­gen des Ver­trags­ent­wurfs vor­zu­neh­men. Der Bun­des­rat führt diese Ge­sprä­che hin­ter ver­schlos­se­nen Türen. Weil sie nur so über­haupt zum Er­folg füh­ren kön­nen, un­ter­stützt die Wirt­schaft die­ses Vor­ge­hen und war­tet seit­her auf kon­kre­te Re­sul­ta­te. Diese müs­sen nun rasch her­bei­ge­führt wer­den und sub­stan­zi­el­le Re­sul­ta­te brin­gen. Ein wei­te­res Zu­war­ten ist in­nen­po­li­tisch kon­tra­pro­duk­tiv: Die po­li­ti­sche Dis­kus­si­on muss über den fi­na­len Text ge­führt wer­den und nicht über Mut­mas­sun­gen und Be­haup­tun­gen. So­lan­ge die Er­geb­nis­se die­ser Klä­run­gen nicht vor­lie­gen, ist die Dis­kus­si­on über das Rah­men­ab­kom­men spe­ku­la­tiv. Es braucht jetzt kon­kre­te Ver­hand­lungs­re­sul­ta­te für eine se­riö­se und auch in­nen­po­li­ti­sche Be­ur­tei­lung des Rah­men­ab­kom­mens.

Die Wirt­schaft er­war­tet vom Bun­des­rat eine Ge­samt­be­ur­tei­lung nach Vor­lie­gen der Klä­rungs­re­sul­ta­te und wird eine sol­che ih­rer­seits eben­falls vor­neh­men. «Die Klä­run­gen sind dring­lich, weil der eu­ro­pa­po­li­ti­sche Schwe­be­zu­stand so­wohl dem Wirt­schafts­stand­ort als auch der aus­sen­po­li­ti­schen Glaub­wür­dig­keit der Schweiz scha­det», sagte eco­no­mie­su­is­se-Prä­si­dent Chris­toph Mäder an der heu­ti­gen Jah­res­me­di­en­kon­fe­renz.