Erste kleine Lichtblicke trotz grosser Absatzprobleme im In- und Ausland
Die jüngste Umfrage von economiesuisse bei den Schweizer Unternehmen zeigt, dass sich die Corona-bedingten Probleme verlagern. Mittlerweile verzeichnen 74 Prozent der Branchen Absatzprobleme im Inland. Unverändert melden knapp 60 Prozent der exportorientierten Unternehmen Absatzschwierigkeiten im Ausland. Der steile Abwärtstrend der letzten Wochen scheint dennoch gebrochen zu sein. Ob die wirtschaftliche Erholung bald einsetzt, hängt nun in einem ersten Schritt stark davon ab, ob die Schweizer Bevölkerung zu ihrem gewohnten Konsumverhalten zurückkehrt.
Zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Krise sehen die Mitglieder von economiesuisse Anhaltspunkte für eine Stabilisierung ihrer Lage. 39 Prozent der Branchen gehen davon aus, dass sie das Instrument der Kurzarbeit in den nächsten zwei Monaten weniger stark in Anspruch nehmen müssen, nur 21 Prozent rechnen noch mit einer Zunahme. Dieser schmale Silberstreifen am Horizont darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Wirtschaft in den letzten Wochen arg gebeutelt wurde und weiterhin in einer äusserst schwierigen Situation steckt. Die Umfrageergebnisse unterstreichen dies klar: Lediglich für elf Prozent der Branchen hat sich die Situation seit der letzten Befragung vom 9. April verbessert, während 58 Prozent eine weitere Verschlechterung verkraften mussten.
Nachfragerückgang in der Schweiz als Hauptsorge
Die Probleme haben sich seit dem Beginn der Krise verschoben. Zwar bestehen nach wie vor Schwierigkeiten beim Bezug von Vorprodukten, diese betreffen aber immer weniger Branchen und Firmen (vgl. Grafik). Die Exportunternehmen konstatieren eine Beruhigung der Situation auf sehr tiefem Niveau. Zwar kämpfen nach wie vor fast 60 Prozent mit Absatzschwierigkeiten, doch die meisten Firmen rechnen zumindest nicht mehr mit einem weiteren Sinken der Nachfrage. Das Hauptproblem ist aktuell der Absatzeinbruch im Inland. Aktuell gilt dies für 74 Prozent der Branchen. Doch erwarten 79 Prozent, dass ihnen der anhaltende Nachfragerückgang innerhalb der Schweiz in den nächsten beiden Monaten grosse Probleme bereiten wird – allen voran der Tourismus, die Gastronomie, der Event-Bereich, der Detail- und Grosshandel und das Autogewerbe. Es ist offensichtlich, dass die Wirtschaft erst wirklich Fahrt aufnehmen kann, wenn der Konsum wieder zunimmt.
Die Schweizer Bevölkerung hat es also selbst in der Hand, die Wende zu beschleunigen. Die Branchen haben ihre Arbeit gemacht und Schutzkonzepte für die schrittweise Öffnung erarbeitet. Nun hängt viel davon ab, ob die Konsumentinnen und Konsumenten darauf vertrauen und die wieder verfügbaren Angebote auch in Anspruch nehmen.
Optimistisch stimmt die Anpassungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. In vielen Unternehmen sind die Home-Office-Prozesse mittlerweile gut eingespielt. Dienstleistungsbetriebe können dadurch annährend wieder einer normalen Geschäftstätigkeit nachgehen, Arbeitsausfälle sind seltener geworden. Auch verarbeitende Firmen haben mit grossem Aufwand ihre Produktionsprozesse den Schutzvorgaben angepasst und neu ausgerichtet. Die Wiedereröffnung der meisten Geschäfte seit Montag wird die Lage hoffentlich weiter entspannen.
Bürokratische Auflagen als Bremsklotz
Mit diesem wichtigen Schritt rückt nun aber ein anderes Problem in den Vordergrund. Ein auffallend grosser Teil der Betriebe befürchtet, dass ihnen bürokratische Auflagen die Rückkehr zur Normalität unnötig erschweren werden. Politik und Verwaltung stehen in der Verantwortung, in diesem Bereich Abhilfe zu schaffen, beispielsweise mit der raschen Behandlung von Baugesuchen, der Flexibilisierung der Arbeitszeiten für Personen im Home-Office oder dem Abbau von Importzöllen. Für viele Unternehmen wird es auch zunehmend zum Problem, dass ausländische Kunden nicht einreisen dürfen. Dennoch: Der diese Woche erfolgte Schritt zurück in Richtung Normalität gibt der Wirtschaft Hoffnung. Ob aber in absehbarer Zeit eine wirkliche Trendwende gelingt, hängt entscheidend vom Verhalten der Bevölkerung in den nächsten Tagen und Wochen ab. Einerseits davon, ob die Schweizer Bevölkerung zu ihrem gewohnten Konsumverhalten zurückkehrt. Andererseits wird es wichtig sein, dass Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die gesamte Bevölkerung in ihrer Freizeit die Vorschriften zur Eindämmung der Epidemie einhalten.