Landkarte Europas mit Fahnen

Die Schweiz zwischen Globalisierung und Abschottung

Am heutigen Tag der Wirtschaft von economiesuisse wurden Erfolgsrezepte für die Exportnation Schweiz diskutiert. Für den Wohlstand unseres Landes war und ist die Globalisierung eine unabdingbare Voraussetzung, sagte Präsident Heinz Karrer vor rund 350 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Politik. Auch Gastreferent Aart de Geus wies auf die hohe Bedeutung der internationalen Vernetzung der Schweiz «als Globalisierungsweltmeisterin» hin. Bundesrat Johann Schneider-Ammann appellierte, die Bilateralen zu sichern, abschotterische Initiativen abzulehnen und das Handelsnetz weiter zu intensivieren.

«Der Welthandel steht am Scheideweg», konstatierte economiesuisse-Präsident Heinz Karrer in seiner Ansprache am Tag der Wirtschaft. «Und mit ihm die Globalisierung der Wirtschaft.» Der Wind, so Heinz Karrer, habe offenbar gedreht. Internationaler Handel, offene Märkte, Multilateralismus und Freihandelszonen hätten noch vor Kurzem als Rezepte für Frieden und Wohlstand gegolten. Heute würden diese offener denn je hinterfragt. Dabei werde der Wert der Globalisierung deutlich unterschätzt. Über den Wert der Globalisierung hat economiesuisse auf den Tag der Wirtschaft hin eine Publikation veröffentlicht, in der sie den Wert der Globalisierung für die Schweiz, aber auch weltweit darstellt und diskutiert.

Freihandel schaffe Wohlstand und gerade für die erfolgreiche Exportnation Schweiz sei die Globalisierung eine notwendige Voraussetzung gewesen – und sie werde es auch in Zukunft bleiben, sagte Karrer. Die Schweiz sei traditionell eine offene und liberale Marktwirtschaft, die es gegen übermässige Regulierung und Abschottung zu schützen gelte. Nur so könne unser Land auch in einer globalisierten Zukunft erfolgreich sein.

Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren

Gastreferent Aart de Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, attestierte der Schweiz, sie habe bereits in den 1990er-Jahren die Globalisierung vorangetrieben und erkannt, dass internationale Verflechtungen – gerade für ein so kleines Land – von entscheidender Bedeutung seien, um im globalen Wettbewerb langfristig mitzuhalten. Die Schweiz habe ihr Globalisierungsniveau zwischen 1990 und 2000 im Vergleich zu anderen Ländern überdurchschnittlich ausbauen können: wirtschaftlich, sozial und politisch. Das habe sich mit einem höheren globalisierungsbedingten Anstieg der volkswirtschaftlichen Leistung bezahlt gemacht. Laut dem diesjährigen Globalisierungsreport der Bertelsmann-Stiftung ist die Schweiz unter 42 untersuchten Ländern Globalisierungsweltmeister.

De Geus wies auch auf problematische Entwicklungen seit der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007/2008 hin: Statt der Vernetzung habe seither der Protektionismus weltweit zugenommen. Das habe negative Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum: «Wirtschaftliche Abschottungsbestrebungen gehen zulasten des Wohlstands der Bürgerinnen und Bürger», sagte De Geus. Er plädierte für eine stärkere Integration der Schwellenländer in die Weltwirtschaft und für die Öffnung der Märkte für Produkte aus weniger entwickelten Ländern, insbesondere aus der Landwirtschaft. Eine multilaterale Weltordnung, die auf der Stärke des Rechts und nicht auf dem Recht des Stärkeren basiere, sei gerade für kleinere Länder wie die Schweiz wichtig. Trotz verstärkten Abschottungstendenzen sei die Schweiz als traditionell stark vernetzte und relativ offene Volkswirtschaft im globalen Wettbewerb grundsätzlich gut aufgestellt. Mit Blick auf den Zugang der Schweiz zum EU-Binnenmarkt riet De Geus der Politik, die zunehmend schwierigen Beziehungen der Schweiz zur EU nachhaltig und langfristig zu lösen.

Wieso müssen die Bilateralen unbedingt gerettet werden? Um diese Leitfrage drehte sich die von SRF-Journalistin Wasiliki Goutziomitros moderierte Debatte von vier Jugendlichen, die ihre Forderungen an die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik aus unterschiedlichen Blickwinkeln formulierten.

Erfolgsrezepte für die Exportnation Schweiz wurden auch im Podiumsgespräch mit Jürg Grossen (Nationalrat und Präsident der GLP Schweiz), Mark Herkenrath (Geschäftsleiter Alliance Sud), Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (Staatssekretärin und Direktorin Seco) und Eva Jaisli (CEO PB Swiss Tools) angeregt diskutiert.

Bundesrat Johann Schneider-Ammann appellierte, die wirtschaftliche Offenheit zu bewahren: «Wenn die Welt Kopf steht, müssen wir uns auf die Schweizer Stärken und unseren Kompass besinnen.» Dabei nannte er drei Schwerpunkte: die Bilateralen sichern, gefährliche und abschotterische Initiativen ablehnen sowie das Handelsnetz weiter intensivieren.

Die Bilder des Anlasses werden live veröffentlicht unter https://www.economiesuisse.ch/gallery