WTO-Ministerkonferenz: Start mit bescheidenen Ambitionen
Am Sonntagabend ist in Buenos Aires die elfte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO eröffnet worden. Obwohl keine wegweisenden Entscheide zu erwarten sind, kann das Spitzentreffen wichtige Impulse geben für die weitere Entwicklung des globalen Handels. Für die Exportnation Schweiz verspricht die aktuelle Tendenz hin zu mehr Protektionismus nichts Gutes.
Der Vorsitzende des WTO-Rats, Xavier Karim, wünschte bei der Eröffnung der WTO-Ministerkonferenz «gute Winde für einen erfolgreichen Abschluss» und nahm damit Bezug auf Buenos Aires als Konferenzort. Solche Unterstützung hätte das Welthandelssystem tatsächlich nötig, denn es steht derzeit im Gegenwind protektionistischer Handelspolitik. In den nächsten Tagen wird denn auch nicht mit dem Abschluss neuer Abkommen gerechnet. Bestenfalls können Arbeitsprogramme bis zur nächsten Ministerkonferenz in zwei Jahren verabschiedet werden. Doch auch auf diesem bescheideneren Niveau ist ein Vorankommen keineswegs gewiss.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann betonte am Rande der Konferenz, dass für ihn die Stärkung der WTO zentral sei. Es dürfe nicht zu Rückschritten des Welthandelssystems kommen. Daher braucht es in Buenos Aires ein Bekenntnis zu den WTO-Regeln. Auch soll ein Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre verabschiedet werden. In den Bereichen, wo die WTO-Minister keine Einigung erzielen, müssen mit gleichgesinnten Ländern auf plurilateraler Ebene Lösungen gesucht werden.
Problematische Hürden beim elektronischen Handel
Für die Exportnation Schweiz steht viel auf dem Spiel. Besonders die Arbeiten an einem künftigen Abkommen über den elektronischen Handel sind zukunftsweisend. So gibt es in vielen Ländern Handelsbarrieren, die vor allem für KMU problematisch sind. Umstritten dürften die Reformen der Fischereisubventionen, Erleichterungen für internationale Investitionen oder Transparenzverbesserungen bei Exportrestriktionen von Agrarprodukten sein.
Der aktuelle Gegenwind, in welchem sich die WTO befindet, sollte in seiner Stärke jedoch nicht überschätzt werden. WTO-Generalsekretär Roberto Azevedo betonte dies anhand folgender Fakten: Seit 1947 ganze 23 Staaten das Globale Zoll- und Handelsabkommen (GATT) beschlossen, aus welchem die WTO 1994 hervorging, ist der Welthandel in 70 Jahren um den Faktor 26 gewachsen. Die WTO zählt gegenwärtig 164 Mitglieder und zahlreiche Beitrittskandidaten. Rund 98 Prozent des Welthandels basieren heute auf WTO-Regeln. Und dank der WTO konnte nach 2007 der Rückfall in eskalierenden Protektionismus verhindert werden. Fünf Prozent des Welthandels sind von neuen Handelsbarrieren betroffen – wesentlich weniger als in den 1930er-Jahren mit ihrer desaströsen Welle protektionistischer Abschottung.
Abkommen zwischen EU und Mercosur in Griffweite
Die erste WTO-Ministerkonferenz in Südamerika hat für die Region grosse Symbolkraft. Und die Staatspräsidenten von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay unterstrichen nicht nur die Bedeutung der WTO für ihre Länder, sondern lehnten bei ihren Eröffnungsreden Protektionismus mit deutlichen Worten ab.
Es wird auch erwartet, dass in den kommenden Tagen die EU und die südamerikanische Freihandelsorganisation Mercosur am Rande der Konferenz ein gemeinsames Statement zu den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen abgeben. Diese wurden in den letzten Monaten intensiviert, der Abschluss scheint in Griffnähe zu sein.