Kartellgesetz: WEKO ist Schiedsrichter, nicht Torschütze
Wettbewerbspolitik balanciert auf dem schmalen Grat zwischen «laisser faire» und Intervention zugunsten eines (oft nur vermeintlich) Schwächeren. Vor diesem Dilemma steht die Revision des Kartellgesetzes. In der langen Beratung wuchs mehrheitlich die Erkenntnis, dass ein einseitiger Eingriff des Gesetzgebers in die Verhandlungen unter Marktpartnern ökonomisch falsch ist. Die Vorschläge gründen letztlich in der Vorstellung, dass «faire Preise erzwungen werden müssen». Dies ist aber Sache der Marktpartner, nicht der (Wettbewerbs)behörden. Diese sind Schiedsrichter und nicht Torschützen.
Alles andere führt letztlich in eine Planwirtschaft. Es bleibt die Kernfrage, wieso dann das Gesetz von 2003 bereits wieder geändert werden muss. Montesquieu stellt fest: «Wenn ein Gesetz nicht notwendig ist, ist es notwendig, auf das Gesetz zu verzichten.» Genau das Gleiche gilt für den scheinbaren Kompromissvorschlag der sogenannten relativen Marktmacht. Soweit diese im Wettbewerb eine Rolle spielt, ist sie bereits heute geregelt.
Soll unter diesen Umständen ganz auf eine Revision des Kartellgesetzes verzichtet werden? Vieles spricht dafür. So würde insbesondere die Politik nicht ihrem inhärenten Trend zu zusätzlichen Eingriffen aufgrund kurzfristiger Einschätzungen nachgeben. Andererseits bringt die Revision doch Punkte, die den Wettbewerb konkret stärken: Die Verwesentlichung der Fusionskontrolle legt Ressourcen frei, die «Compliance-Defense» fördert Prävention an der Quelle und die Berücksichtigung von Entschädigungen an Zivilparteien stellt sicher, dass die Wettbewerbsopfer und nicht der Staat von den Millionen-Sanktionen aus Verfahren profitieren.
Wenn sich die Politik aber nicht wirklich auf eine ökonomisch sinnvolle Kartellgesetz-Revision beschränken kann, ist sie gut beraten, Montesquieu zu folgen und auf aktivistische Eingriffe in den Markt und in die Preisbildung zu verzichten. Dem Wettbewerb und der Volkswirtschaft dienen nüchterne Analysen, nicht kontraproduktive Scheinlösungen.