Druckentlastung im EU-Steuerstreit
Nicht erst an Ostern, sondern bereits am St. Nikolaustag hat die Europäische Union der Schweiz ein faules Ei in den Garten gelegt: Aufgrund der angeblich (wettbewerbs-)schädlichen kantonalen Steuerregimes müsse unser Land europaweit auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Dass die EU jedoch selbst über eine Vielzahl von steuerlichen Sonderregeln und Ausnahmen verfügt, wurde dabei ausgeblendet.
Gemäss einer kürzlich veröffentlichten Studie von PricewaterhouseCoopers findet sich in der EU eine Vielzahl «kühner» Ideen im Bereich der Unternehmensbesteuerung. Ganze 80 Prozent der Mitgliedsstaaten wenden solche «aussergewöhnlichen» Praktiken an. Die EU hat somit selbst noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Doch Druck auf das Schweizer Steuersystem kommt auch von anderer Seite aus dem Ausland. So zielt die Drohkulisse der OECD auf die Abschaffung sämtlicher steuerlicher Sonderregelungen für Unternehmen zugunsten eines Steuerwettbewerbs, der sich langfristig ausschliesslich an der Höhe des Gewinnsteuersatzes orientieren soll. Im Visier sind damit nicht nur unsere kantonalen Regimes, sondern auch Sonderregelungen in den USA, den Niederlanden oder Grossbritannien. Da unser Steuersystem somit gleich von zwei Seiten in die Zange genommen wird, ist von der Politik auch ein zweigleisiger Lösungsansatz gefordert. Kurzfristig gilt es, die schweizerische Besteuerung der mobilen Erträge EU-kompatibel zu machen, etwa durch sogenannte «Lizenz-Boxen». Mittelfristig muss jedoch mit Blick auf die Forderungen der OECD auf eine generelle Senkung des Gewinnsteuersatzes hingearbeitet werden.
Auf jeden Fall braucht es von unseren Bundesbehörden rasche und selbstbewusste Entscheide zur Druckentlastung im Steuerstreit. Nur so können bestehende Unsicherheiten für hiesige Unternehmen aus dem Raum geschafft werden. Ziel muss es sein, das System der Unternehmensbesteuerung so zu reformieren, dass es weiterhin zu den weltbesten gehört und gleichzeitig möglichst wenig politische Angriffsflächen bietet.