WTO

13. WTO-Mi­nis­ter­kon­fe­renz: Zähes Rin­gen um den Mi­ni­mal­kon­sens

Diese Woche fand in Abu Dhabi die 13. Mi­nis­ter­kon­fe­renz (MC13) der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on (WTO) statt. Aus Sicht der Schwei­zer Ex­port­wirt­schaft sind die er­ziel­ten Fort­schrit­te zwar re­la­tiv be­schei­den, aber im­mer­hin grös­ser als er­war­tet. Im In­ves­ti­ti­ons­be­reich und dem di­gi­ta­len Han­del konn­ten Ei­ni­gun­gen er­zielt wer­den – ohne dass es zu einer wei­te­ren Schwä­chung im Be­reich des Geis­ti­gen Ei­gen­tums kam.

Stö­run­gen in den glo­ba­len Lie­fer­ket­ten, Pro­tek­tio­nis­mus und geo­po­li­ti­sche Kri­sen – zu­letzt stand es um das mul­ti­la­te­ra­le Han­dels­sys­tem und deren Hü­te­rin, die Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on (WTO), nicht zum Bes­ten. Für den WTO-Sitz­staat Schweiz ist das umso be­dau­er­li­cher, sind wir doch als klei­nes Ex­port­land be­son­ders stark auf den re­gel­ba­sier­ten Mul­ti­la­te­ra­lis­mus an­ge­wie­sen. Es wird gerne ver­ges­sen: Über die WTO er­reich­te Han­dels­li­be­ra­li­sie­run­gen sind für die Schweiz und ihre Un­ter­neh­men nach wie vor klar die «first-best so­lu­ti­on» – noch vor bi- und plu­ri­la­te­ra­len Ver­ein­ba­run­gen.

Die Er­war­tun­gen an die 13. Mi­nis­ter­kon­fe­renz der WTO (MC13), wel­che diese Woche in Abu Dhabi statt­fand, waren an­ge­sichts von Frag­men­tie­rungs­ten­den­zen im Welt­han­del tief. Würde das höchs­te WTO-Ent­schei­dungs­gre­mi­um den­noch Er­geb­nis­se lie­fern kön­nen? Die Agen­da der 166 Mit­glied­staa­ten prä­sen­tier­te sich je­den­falls um­fang­reich: Von der Re­form der Streit­schlich­tung über In­ves­ti­ti­ons­er­leich­te­run­gen für Ent­wick­lungs­län­der, dem di­gi­ta­len Han­del, dem Schutz des geis­ti­gen Ei­gen­tums bis hin zur Land­wirt­schaft und der Fi­sche­rei.

Nach Be­en­di­gung der MC13 steht fest: Die er­ziel­ten Fort­schrit­te sind aus Sicht der Schwei­zer Aus­sen­wirt­schaft zwar be­schei­den, ein­zel­ne Re­sul­ta­te konn­ten aber den­noch er­zielt und vor allem Rück­schrit­te ver­mie­den wer­den.

WTO-Re­form: Be­kräf­ti­gun­gen aber (noch) keine Lö­sun­gen

Seit Jah­ren setzt sich die of­fi­zi­el­le Schweiz im Rah­men der Ot­ta­wa-Grup­pe mit 13 wei­te­ren Staa­ten dafür ein, dass die drei Kern­funk­tio­nen der WTO (Über­wa­chung der Re­geln und Be­ra­tung, Ver­hand­lun­gen und Streit­schlich­tung) ver­bes­sert wer­den kön­nen. Wie die In­ter­na­tio­nal Cham­ber of Com­mer­ce (ICC) un­ter­streicht, ist eine Re­form der WTO auch ein zen­tra­les An­lie­gen der Un­ter­neh­men welt­weit. Denn sie sind die ei­gent­li­chen End­nut­zer des glo­ba­len Han­dels­sys­tems. An­läss­lich der MC13 un­ter­stri­chen die Staa­ten zwar ihre Ent­schlos­sen­heit, bis Ende 2024 eine Ei­ni­gung zu er­zie­len. Für Lö­sun­gen, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der von den USA blo­ckier­ten Streit­schlich­tung, konn­ten je­doch keine Mehr­hei­ten ge­fun­den wer­den.

In­ves­ti­ti­ons­er­leich­te­run­gen in Ent­wick­lungs­län­dern

Einen Ak­zent set­zen konn­te die Schweiz im Be­reich der In­ves­ti­tio­nen in Ent­wick­lungs­län­dern. Im Vor­feld der MC13 hatte sie ge­mein­sam mit 120 Staa­ten einem plu­ri­la­te­ra­len Ab­kom­men zu­ge­stimmt, wel­ches bü­ro­kra­ti­sche Hür­den für In­ves­ti­tio­nen in Ent­wick­lungs­län­der be­sei­ti­gen soll (In­vest­ment Fa­ci­li­ta­ti­on for De­ve­lop­ment, IFD). Von ein­fa­che­ren und trans­pa­ren­ten Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren pro­fi­tie­ren nicht zu­letzt auch Schwei­zer Un­ter­neh­men, die im Aus­land tätig sind. Der An­spruch ist nun, dem IFD-Ab­kom­men auch im mul­ti­la­te­ra­len Rah­men zum Durch­bruch zu ver­hel­fen.

Licht­blick im di­gi­ta­len Han­del

Ein wei­te­rer Licht­blick der MC13 be­trifft den di­gi­ta­len Han­del – ein Be­reich, der welt­weit ra­sant an Be­deu­tung ge­winnt. So haben sich die teil­neh­men­den Staa­ten in letz­ter Mi­nu­te dazu durch­rin­gen kön­nen, das Mo­ra­to­ri­um für Zölle auf elek­tro­ni­sche Trans­mis­sio­nen (z.B. Filme, E-Books oder Vi­deo­spie­le) um zwei wei­te­re Jahre zu ver­län­gern. Das ist ein gutes Zei­chen für Un­ter­neh­men und Kon­su­men­ten glei­cher­mas­sen. Ei­ni­ge Län­der – dar­un­ter In­di­en, Süd­afri­ka und In­do­ne­si­en – hat­ten sich für eine Be­en­di­gung des Mo­ra­to­ri­ums aus­ge­spro­chen.

Keine Aus­wei­tung des TRIPS-Wai­vers auf The­ra­peu­ti­ka und Dia­gnos­ti­ka

Mit Span­nung er­war­tet wor­den war schliess­lich, ob es an der MC13 zu Dis­kus­sio­nen zum Über­ein­kom­men über han­dels­be­zo­ge­ne As­pek­te der Rech­te des geis­ti­gen Ei­gen­tums (TRIPS) kom­men würde. Be­dau­er­li­cher­wei­se war an der letzt­jäh­ri­gen Mi­nis­ter­kon­fe­renz eine Auf­wei­chung des Pa­tent­schut­zes für Covid-19-Impf­stof­fe (ein so­ge­nann­ter «TRIPS-Wai­ver») be­schlos­sen wor­den. Eine Aus­wei­tung die­ses «TRIPS-Wai­vers» auf The­ra­peu­ti­ka und Dia­gnos­ti­ka an der MC13 wurde zu­nächst von ei­ni­gen Län­dern an­ge­strebt, es kam aber schluss­end­lich nicht dazu. Für den In­no­va­tions- und For­schungs­stand­ort Schweiz ein wich­ti­ges Si­gnal. Die Pan­de­mie hat ge­zeigt: Der Pa­tent­schutz hat den Zu­gang zu Impf­stof­fen nicht be­hin­dert, son­dern deren ra­sche Ent­wick­lung über­haupt erst mög­lich ge­macht. Im Sinne der Ge­sund­heits­ver­sor­gung muss sich die Schwei­zer Han­dels­di­plo­ma­tie daher wei­ter­hin gegen eine Aus­höh­lung des Geis­ti­gen Ei­gen­tums ein­set­zen.