EU-Äquivalenzentscheidung: Mitgliedstaaten rüffeln EU-Kommission
Elf EU-Mitgliedstaaten rügen die EU-Kommission für die befristete Äquivalenzanerkennung der Schweizer Börsenregulierung – auch weil dadurch die Wirtschaftsinteressen vieler EU-Unternehmen und -bürger direkt tangiert sind. Die Kritik ist ungewöhnlich scharf.
Nicht nur in der Schweiz stiess die auf ein Jahr befristete Äquivalenzanerkennung der EU-Kommission für die Schweizer Börsenregulierung auf Ablehnung. Dass die Chefs der Finanzmarktaufsichtsbehörden von elf EU-Mitgliedstaaten die Kommission in einem bewusst veröffentlichten Schreiben derart unmissverständlich kritisieren, ist aber aussergewöhnlich. Laut ihnen hätte die Kommission einen von den Mitgliedstaaten bereits gutgeheissenen, unbefristeten Entscheidentwurf gar nicht zurückziehen und durch einen auf ein Jahr beschränkten Entscheid ersetzen dürfen. Sie kritisieren auch die Begründung der Kommission als nicht stichhaltig: Es habe weder triftige Gründe noch neue Erkenntnisse gegeben, die dieses aussergewöhnliche Vorgehen der Kommission gerechtfertigt hätten.
Aus dem Schreiben geht zudem hervor, dass die Mitgliedstaaten dem zeitlich beschränkten Äquivalenzentscheid nur zugestimmt haben, um zu verhindern, dass die Schweizer Börse am 3. Januar 2018 ohne Äquivalenz dasteht und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden resultiert. Dabei wären nicht nur die Schweizer Börse und dort kotierte Schweizer Unternehmen geschädigt worden, sondern in erheblichem Masse auch europäische Marktteilnehmer, die in Titel investiert haben, welche an der Schweizer Börse gehandelt werden. Die Kommission zieht, ob der langwierigen Entscheidfindung in der Schweiz frustriert, alle Register, um diese zu einem Marktzugangsabkommen über institutionelle Fragen zu bewegen. Die Äquivalenzanerkennung ist dafür aber definitiv das falsche Instrument. Es ist vielmehr dazu da, EU-Bürger vor risikoreichen Investitionen an unzuverlässigen Börsenhandelsplätzen im Ausland zu schützen. Dieses Risiko besteht definitiv nicht an der Schweizer Börse, weil ihre Rechtsgrundlagen sehr eng an diejenigen der EU angelehnt sind. Dagegen hat der zeitlich begrenzte Entscheid der Kommission aufgrund der dadurch ausgelösten Rechtsunsicherheit das Potenzial, EU-Bürgern finanziellen Schaden zuzufügen.
Ob der Brief eine unmittelbare Wirkung hat, ist unklar. Sicher ist jedoch, dass wegen der Befristung bereits Ende dieses Jahres erneut über die Äquivalenzanerkennung, respektive deren Verlängerung entschieden werden muss. Ob die EU-Kommission dann die EU-Mitgliedstaaten besser einbezieht?