Angstmacherei im Land der Hoffnungen
Kam Ihnen der US-Wahlkampf auch eher wie eine schrille Reality Show vor? Im Gegensatz zu solchen Shows wird jedoch der Ausgang der US-Wahlen reale Folgen haben – auch für die Schweiz. Doch nur welche?
Die obige Frage ist bedeutend, wie ein paar Überlegungen zum Welthandel zeigen. Die Aussenwirtschaftspolitik der grössten Volkswirtschaft gibt wichtige Impulse auf das Welthandelssystem – im Positiven wie im Negativen. Wenn die USA weiterhin auf die Karte «Handelsliberalisierung» setzen, ergeben sich positive Effekte auf die Weltwirtschaft:
So würde die Ratifizierung des ausgehandelten Trans-Pacific Partnership-Abkommens (TPP) durch die USA nicht nur Wachstumseffekte auslösen, sondern wäre auch ein starkes Signal zugunsten weiterer Marktöffnungen anderer Länder, Regionen oder der WTO. Negativ wäre es, wenn sich die USA vom Ziel einer offenen Weltwirtschaft abwenden – und sei es nur vorübergehend. Der seit 2007 angestiegene Protektionismus würde sich weiter ausbreiten und wie ein schleichender Infekt die Weltwirtschaft immer schwerer schädigen. Das wäre schlecht für alle Volkswirtschaften – ganz besonders für die Schweiz als erfolgreiche Exportnation. Auch der Zugang zum US-Markt ist wichtig für uns. Einen von sieben Franken Exporterlös verdienen die Schweizer Unternehmen dort.
Gut möglich, dass die Show in den Morgenstunden des kommenden Mittwochs endet und sich die USA mit aller Kraft den realen Herausforderungen widmen.
Im schrillen Getöse des laufenden US-Wahlkampfes waren von beiden Lagern markige protektionistische Sprüche gegen bestehende Freihandelsabkommen, die WTO oder das genannte TPP zu hören. Auch von Hillary Clinton. Ein Grund ist sicher der erbitterte Kampf um die Stimmen aus den bevölkerungsreichen Bundesstaaten im Rust Belt – in diesen Swing States gingen viele Industriearbeitsplätze verloren.
In anderen US-Regionen hingegen hängt die wirtschaftliche Dynamik von Exportmöglichkeiten ab. Doch es gibt noch andere Gründe, das Problem liegt tiefer: Es geht um die Angst in der Bevölkerung vor sinkenden Sozial-, Konsumgüter- und Umweltnormen. Es ist leicht, in Wahlkämpfen hier mit dieser Angst und mit Protektionismus zu politisieren. Viel schwieriger ist es, der Gesellschaft angesichts der Chancen der Globalisierung mit Zielen, Programmen und Massnahmen Mut zu machen.
Doch an dieser schwierigeren Arbeit führt kein Pfad vorbei. Das wissen auch die Amerikaner. Gut möglich also, dass die Show in den Morgenstunden des kommenden Mittwochs endet und sich die USA mit aller Kraft den realen Herausforderungen widmen. Erfolgreiche Regierungsarbeit ist Handwerk und keine Show.