Bahn­fi­nan­zie­rung: Ge­bro­che­ne Ver­spre­chen mah­nen zur Vor­sicht

Die fi­nanz­po­li­ti­schen Ver­spre­chen zum FinöV-Be­schluss wur­den prak­tisch alle ge­bro­chen. Für die ak­tu­el­le Vor­la­ge zur Fi­nan­zie­rung und Aus­bau der Bahn­in­fra­struk­tur (FABI) müs­sen des­halb die nö­ti­gen Leh­ren ge­zo­gen wer­den. Sie mah­nen zur Vor­sicht ge­gen­über einem neuen Fonds – und ver­lan­gen in jedem Fall be­fris­te­te Lö­sun­gen.
​Im Vor­feld der FinöV-Volks­ab­stim­mung vom No­vem­ber 1998, die die Fi­nan­zie­rung der Ei­sen­bahn­pro­jek­te neu re­gel­te (Neat, Bahn 2000, Hoch­ge­schwin­dig­keits-An­schlüs­se), wurde vie­les ver­spro­chen: die Be­gren­zung der Ver­schul­dung des neuen FinöV-Fonds, die Be­fris­tung des Fonds (in­klu­si­ve sei­ner zum gros­sen Teil über neue zweck­ge­bun­de­ne Steu­ern fi­nan­zier­ten Ein­la­gen), die fi­nan­zi­el­le Teil­ver­ant­wor­tung der Bah­nen im Um­fang von einem Vier­tel der In­ves­ti­tio­nen, die Rück­zah­lung und Ver­zin­sung aller Schul­den ein­schliess­lich der Vor­schüs­se des Bun­des. Zwan­zig Jahre spä­ter sieht die Bi­lanz er­nüch­ternd aus: Die fi­nanz­po­li­ti­schen Ver­spre­chen wur­den fast alle ge­bro­chen. 

Dop­pel­te Ver­schul­dung und ver­län­ger­te Steu­ern
2005 wur­den die Bah­nen von ihrer fi­nan­zi­el­len Ver­pflich­tung be­freit, weil die FinöV-Pro­jek­te, wie er­kannt wurde, nie­mals ren­ta­bel sein wür­den. Gleich­zei­tig wurde auf­grund der ge­stie­ge­nen Pro­jekt­kos­ten die Vor­fi­nan­zie­rung durch den Bund auf fast 9 Mil­li­ar­den Fran­ken ver­dop­pelt. Weil die Pro­jek­te nicht wie ge­plant bis 2020, son­dern erst un­ge­fähr bis 2030 rea­li­siert sein wer­den, wurde der FinöV-Fonds ver­län­gert. Ent­spre­chend wur­den auch die zweck­ge­bun­de­nen Steu­ern um min­des­tens zehn Jahre ver­län­gert (LSVA, NEAT-Vier­tel der Mi­ne­ral­öl­steu­er, MWST-An­teil). Von den Ver­spre­chen ge­blie­ben sind die Rück­zah­lung und die Ver­zin­sung der FinöV-Schul­den an den Bund. Al­ler­dings wurde die Rück­zah­lung der Schul­den er­streckt. 

Grund­sätz­li­che Vor­be­hal­te gegen FABI
Nun liegt dem Par­la­ment als Be­stand­teil der Vor­la­ge zur Fi­nan­zie­rung und Aus­bau der Bahn­in­fra­struk­tur (FABI) der Vor­schlag für einen neuen Bahn-Fonds vor. Der Bahn­in­fra­struk­tur­fonds (BIF) soll den be­fris­te­ten FinöV-Fonds ab­lö­sen und die Bahn­in­fra­struk­tur der Schweiz auf eine fi­nan­zi­ell dau­er­haf­te Grund­la­ge stel­len. eco­no­mie­su­is­se hat grund­sätz­li­che Vor­be­hal­te gegen die in­halt­lich kom­ple­xe Vor­la­ge. Unter an­de­rem stellt sie Fra­gen, die weit über die reine Schie­nen­fi­nan­zie­rung hin­aus­ge­hen. Bevor auf die Vor­la­ge über­haupt ein­ge­tre­ten wer­den kann, ist na­ment­lich das Ver­hält­nis zur Stras­sen­fi­nan­zie­rung zu klä­ren. 

Fi­nanz­po­li­ti­sche Si­che­run­gen
Die FinöV-Er­fah­run­gen mah­nen fi­nanz­po­li­tisch zur Vor­sicht. Der Bun­des­rat hat das er­kannt und Si­che­run­gen ein­ge­baut. So darf sich ein all­fäl­li­ger neuer Fonds, an­ders als der FinöV-Fonds, nicht ver­schul­den, auch nicht ge­gen­über dem Bund. Die Ein­la­gen, ein­schliess­lich der all­ge­mei­nen Bun­des­mit­tel, wür­den in der Ver­fas­sung nach oben be­grenzt und un­ter­lie­gen der Schul­den­brem­se. Die FinöV-Schul­den müs­sen voll zu­rück­be­zahlt und ver­zinst wer­den. Die­ses prak­tisch letz­te noch be­ste­hen­de FinöV-Ver­spre­chen soll (und muss) ein­ge­hal­ten wer­den. Der BIF würde «all-in­clu­si­ve» sein: An­ders als der FinöV-Fonds würde er nicht nur den Aus­bau, son­dern auch den Be­trieb und den Un­ter­halt der Bahn­in­fra­struk­tur fi­nan­zie­ren. Der in den Kos­ten lau­fend stei­gen­de Un­ter­halt könn­te nicht wie heute dem all­ge­mei­nen Bun­des­haus­halt über­las­sen wer­den – wäh­rend der se­pa­rat fi­nan­zier­te Aus­bau ohne Ab­stri­che wei­ter geht. 

Be­fris­tung er­for­der­lich
Die FinöV-Er­fah­run­gen ma­chen es dar­über hin­aus zwin­gend, einen all­fäl­li­gen neuen Fonds zeit­lich zu be­fris­ten und pe­ri­odisch zu kon­trol­lie­ren. Die­ses Ele­ment fehlt in der bun­des­rät­li­chen Vor­la­ge. Nur eine Be­fris­tung kann si­cher­stel­len, dass die an den Fonds ge­knüpf­ten Ver­spre­chen ein­ge­hal­ten wer­den. Die pe­ri­odi­sche Er­neue­rung eines sol­chen Fonds ist mach­bar. Auch die Haupt­ein­nah­men des Bun­des, die di­rek­te Bun­des­steu­er und die Mehr­wert­steu­er, sind be­fris­tet und müs­sen re­gel­mäs­sig er­neu­ert wer­den. Eine un­be­fris­te­te Lö­sung würde die zweck­ge­bun­de­nen Steu­ern – es sind die­sel­ben wie beim FinöV-Fonds – ze­men­tie­ren und damit ein wei­te­res FinöV-Ver­spre­chen bre­chen (die zeit­li­che Li­mi­tie­rung die­ser Zu­satz­steu­ern). 

Glaub­wür­dig­keit in­fra­ge ge­stellt
Dass über­haupt ein neuer Bahn-Fonds mit wie­der­um zweck­ge­bun­de­nen Mit­teln ge­schaf­fen wird, ist alles an­de­re als selbst­ver­ständ­lich. Die Bahn ver­fügt mit einem Fonds über ein Fi­nan­zie­rungs­pri­vi­leg. Wie die meis­ten an­de­ren Bun­des­auf­ga­ben könn­te die Schie­ne auch aus dem or­dent­li­chen Bun­des­haus­halt fi­nan­ziert wer­den. Nicht nur aus fi­nanz­po­li­ti­schen Grün­den wäre dies die bes­se­re Lö­sung. Soll­te aber ein wei­te­rer Bahn-Fonds ernst­haft dis­ku­tiert wer­den, müs­sen die Leh­ren aus den ge­bro­che­nen FinöV-Ver­spre­chen ge­zo­gen wer­den. Ge­schieht dies nicht, würde die Glaub­wür­dig­keit der neuen Lö­sung im An­satz in­fra­ge ge­stellt.