KMU direkt betroffen
Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative trifft auch die KMU – direkt und indirekt. Zusätzliche Haftungsregeln und unklare Anforderungen an die Sorgfaltsprüfung von Lieferanten erzwingen einen bürokratischen Kontrollapparat und belasten gerade die KMU unverhältnismässig stark. In der Realität ist es für KMU angesichts der Komplexität globaler Lieferketten fast unmöglich, die geforderte Einhaltung der internationalen Standards zu gewährleisten. Um sich der Haftung zu entziehen, müssten KMU neu faktisch jederzeit beweisen können, dass sie unschuldig sind (Beweislastumkehr).
1. KMU haften ohne Ausnahmen
Der Initiativtext verpflichtet den Gesetzgeber, bei der Regelung der Sorgfaltsprüfungspflicht Rücksicht auf die Bedürfnisse kleinerer und mittlerer Unternehmen zu nehmen. Doch von der entscheidenden, neuen Haftungsbestimmung sind die KMU vollumfänglich erfasst.
2. Vorgesehene Erleichterung ist in der Praxis wirkungslos
Die in der Initiative vorgesehene Erleichterung für KMU darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese in der Praxis toter Buchstabe ist. Die Sorgfaltspflichten sind derart schwammig formuliert und weit gefasst, dass es sich gerade KMU aus Risikoüberlegungen nicht leisten könnten, einen weniger strengen Haftungsstandard als grosse Unternehmen anzuwenden.
3. Steigende Erpressbarkeit – grenzenlose Bürokratie
KMU werden durch die Initiative bis zu einem gewissen Grad erpressbar. Akteure können mit Klagen drohen, wenn ein KMU seine Sorgfaltsprüfung nicht entsprechend erweitert, Lieferanten verstärkt kontrolliert und entsprechend rapportiert. Mit der Initiative steigen die administrativen Aufwände durch Formulare, Fragebögen, Konformitätsnachweise und externe Audits massiv. Insgesamt führt die Initiative für KMU zu einer schier grenzenlosen Bürokratie.
4. Weitergabe des zivilrechtlichen Haftungsrisikos
Unternehmen werden die gleichen Auflagen, die sie selbst einhalten müssen, an Zulieferer im In- und Ausland weitergeben. Dazu sind sie durch die Initiative gezwungen. Denn die Initiative sieht eine Sorgfaltspflicht vor, die sich auf alle Geschäftspartner in der Lieferkette erstreckt. Mit sogenannten «Back-to-Back-Verträgen» werden Unternehmen eigene Haftungsrisiken absichern. Damit wird die gesetzliche Kausalhaftung vertraglich an ihre Lieferanten weitergegeben. Und das sind mehrheitlich KMU.
5. Indirekte Betroffenheit
Nicht alle Unternehmen sind direkt betroffen. Doch gerade KMU sind in hohem Mass auch auf Aufträge grösserer Unternehmen angewiesen. Da die Initiative jedoch nur Unternehmen mit Sitz in der Schweiz betrifft, wäre es denkbar, dass gewisse mobile Unternehmen ihren Sitz (Konzernstandort) ins Ausland verlegen, um der Wirkung der Initiative zu entgehen.