Asylgesetzrevision: für ein zukunftsfähiges und faires Asylwesen

13.05.2016

Auf einen Blick

economiesuisse unterstützt die Asylgesetzrevision, über die wir am 5. Juni 2016 abstimmen: Schnelle, aber faire Asylverfahren sind vor dem Hintergrund der Masseneinwanderungsinitiative wichtig. Ohne Rechtsbeistand entstehen Verzögerungen bei den Verfahren. Werden sie stattdessen effizient abgewickelt, senkt das die Kosten. Nicht zuletzt ermöglicht die Revision eine rasche Integration der aufgenommenen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt.

Das Wichtigste in Kürze

Am 5. Juni werden die Schweizer Stimmberechtigten über die Asylgesetzrevision befinden. Mit der vorliegenden Gesetzesreform sollen 60 Prozent der Asylgesuche künftig innerhalb von 140 Tagen rechtskräftig entschieden werden. Diese Beschleunigung basiert auf einer engen Verknüpfung und Zusammenarbeit der involvierten Stellen und ist das erklärte Hauptziel der Revision. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand trägt zu korrekten und fairen Verfahren bei und sorgt dafür, dass die Asylsuchenden ihren Entscheid besser akzeptieren. Mit der vorliegenden Revision werden die vom Stimmvolk 2013 gutgeheissenen dringlichen Massnahmen verankert und sinnvoll ergänzt. Bei einem Nein fällt das Schweizer Asylsystem auf den ungenügenden Zustand von vor diesem Volksentscheid zurück. Mit der Neustrukturierung können gemäss Bund ausserdem substanzielle Einsparungen erzielt werden. Obwohl die SVP immer für raschere Verfahren plädiert, ist sie gegen die verschärfte Revision und hat das Referendum gegen die Gesetzesreform ergriffen. economiesuisse fordert am 5. Juni ein klares Ja zu einem zukunftsfähigen und fairen Asylwesen.

Position economiesuisse

  • Vor dem Hintergrund der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative sind schnelle, aber faire Asylverfahren wichtig. Die Attraktivität der Schweiz wird für Menschen ohne Asylgrund abnehmen.
  • Die Wirtschaft begrüsst den vorgesehenen Rechtsbeistand. Ohne diesen entstehen wie bisher Verzögerungen bei den Verfahren.
  • Die Gesetzesrevision ermöglicht eine rasche Integration der aufgenommenen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt, das ist nicht nur für den sozialen Frieden, sondern auch ökonomisch sinnvoll.
  • Eine effiziente Abwicklung der Verfahren senkt die Kosten. Damit ist die Schweiz auf eine mögliche Zunahme der Gesuche vorbereitet.
  • Ein effizientes und rechtsstaatlich korrektes Asylwesen entspricht sowohl der humanitären Tradition der Schweiz wie auch den Bedürfnissen der Bevölkerung.
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Eine breit abgestützte Revision

Vielseitige Herausforderungen in der Asylpolitik

Die Schweiz pflegt eine langjährige humanitäre Tradition und ist stolz darauf. Die Herausforderungen in der Asylpolitik nehmen jedoch zu – umso mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsströme nach Europa. Das ist in der Schweiz nicht anders als in den umliegenden Ländern. Eine Revision des Asyl- gesetzes aus dem Jahre 1998 ist notwendig und wird auch von der Politik seit Längerem gefordert – besonders im Kontext der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative. Neben der Personenfreizügigkeit mit den EU-/EFTA-Staaten soll bei der Umsetzung auch die Asylpolitik berücksichtigt werden. Eine zukunftsfähige und faire Asylpolitik ist für die Schweiz wichtig, auch um die humanitäre Tradition nicht zu verlieren.

Im Zentrum der Forderungen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stehen rasche, konsequente und faire Asylverfahren. Darauf hat der Bundesrat reagiert. Die entsprechende Botschaft zur Revision des Asylgesetzes wurde am 26. Mai 2010 publiziert. Auf die Forderung der staatspolitischen Kommission des Ständerats hin wurde das EJPD beauftragt, bis Ende März 2011 einen Bericht über die Situation im Asylbereich zu verfassen und neue Optionen aufzuzeigen, wie die Verfahren beschleunigt werden sollen. Aus den Arbeiten erfolgte die Erkenntnis, dass eine straffere Organisation der Prozesse sinnvoll ist. Ebenfalls vorgeschlagen wurde eine unentgeltliche Rechtsvertretung, um eine rasche, faire und konsequente Abwicklung der Asylverfahren zu gewährleisten. Mit dieser Neustrukturierung sollten auch die Anreize für offensichtlich unbegründete Asylgesuche sinken.

An der nationalen Asylkonferenz von Bund und Kantonen vom 21. Januar 2013 einigten sich die Beteiligten auf eine gemeinsame Erklärung, wonach sie der vorgeschlagenen Neustrukturierung zustimmen wollten. Zusammen mit dem Dachverband der Städte und Gemeinden wurden am 28. März 2014 die wichtigsten Eckwerte festgelegt:

  • Im Rahmen der Neustrukturierung werden sechs Regionen mit insgesamt 5000 Plätzen in Bundeszentren gebildet.
  • In jeder Region betreibt der Bund ein Verfahrenszentrum mit bis zu drei Ausreisezentren.
  • Für Personen ausserhalb der Bundeszuständigkeit sind weiterhin die Kantone in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden zuständig.
  • Kantonen, die besondere Leistungen als Standort- oder Flughafenkanton erbringen, werden weniger Asylsuchende zugewiesen.
  • Bund, Kantone sowie Städte und Gemeinden treffen Massnahmen, damit sie auf Schwankungen der Asylgesuche mit flexiblem Personaleinsatz oder weiteren Vorkehrungen reagieren können.
  • Am bestehenden Finanzierungssystem wird festgehalten.
  • In einer Testphase soll die Neustrukturierung geprüft werden.

Bund, Kantone, Städte und Gemeinden haben die Vorlage dank der engen Zusammenarbeit schliesslich gemeinsam beschlossen und werden sie nach der Annahme an der Urne auch gemeinsam umsetzen.

Konstruktive Lösung wird von der SVP angegriffen

Die vorliegende Asylgesetzrevision nimmt die Anliegen aus Politik und Gesellschaft auf und berücksichtigt gleichzeitig rechtsstaatliche und völkerrechtliche Prinzipien. Damit hat der Bundesrat eine Gesetzesvorlage geschaffen, die geeignet ist, die anstehenden Anforderungen im Asylbereich zu meistern. Auch das Parlament teilt diese Meinung und hat der Revision mit einer grossen Mehrheit, jedoch gegen die Stimmen der SVP, zugestimmt. Im Nationalrat lag das Schlussergebnis bei 99 zu 53 Stimmen bei 12 Enthaltungen, im Ständerat bei 35 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Dass gerade die SVP, die bei jeder Gelegenheit eine schärfere Asylpolitik fordert, die Revision nun bekämpft, ist bedauerlich. Mit einer schwachen Argumentation gegen die sogenannten «Gratisanwälte» hat die Partei das Referendum noch vor der Schlussabstimmung ergriffen. Am 14. Januar 2016 hat die SVP die für das Referendum notwendigen Unterschriften (65’376) eingereicht. Die Vorlage kommt deshalb am 5. Juni 2016 zur Abstimmung.

Das Volk hat bereits Ja gesagt

Das Stimmvolk hat 2013 mit 78 Prozent Ja gesagt zu einer Revision des aktuellen Asylgesetzes. Damit wurden dringliche Änderungen bereits rechtskräftig und die Testphase in Bundeszentren ermöglicht. Die nun vorliegende Revision ist eine Folge dieser vom Volk bestätigten Anpassungen. Die Revision verankert nun dauerhaft die dringlichen Änderungen, die bis 2019 befristet sind und enthält weitere Massnahmen für ein zukunftsfähiges und faires Asylsystem. Wird die Asylgesetzrevision am 5. Juni an der Urne abgelehnt, dann fällt das Schweizer Asylsystem wieder auf den Stand vor den dringlichen Anpassungen zurück – dieser ist klar ungenügend. Die Ausarbeitung einer neuen Vorlage würde auf jeden Fall zwei bis drei Jahre beanspruchen.

Humanitäre Tradition: der Stolz der Schweiz

Seit Jahrhunderten bietet die Schweiz religiös und politisch Verfolgten Asyl. Darauf gründet die humanitäre Tradition des Landes. Bereits im 16. und 17. Jahrhundert, als in Frankreich die Hugenotten und die Waldenser wegen ihres Glaubens verfolgt wurden, flüchteten Zehntausende in die Schweiz. «Sonnenkönig» Louis XIV. war darüber gar nicht erfreut. Etwas später, nach 1792, waren die Royalisten dann selbst froh, dass sie von der Schweiz aufgenommen wurden. Seit dem 19. Jahrhundert gilt die Schweiz als klassisches Asylland, politisch Verfolgte aus allen Regionen fanden nach 1815 in der Schweiz eine neue Heimat – wenn sie sich ruhig verhielten. Ein weiteres Element, das der Schweiz den Ruf eines Landes mit humanitärer Tradition eintrug, war die Gründung des Roten Kreuzes. Unter dem Eindruck des unmenschlichen Leids auf dem Schlachtfeld bei Solferino schrieb der Genfer Kaufmann Henry Dunant ein Buch und warb damit in ganz Europa für seine humanitären Ideen. Diese fanden tatkräftige Unterstützung. Am 17. Februar 1863 gründeten Mitglieder der Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft ein internationales Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, das seit 1876 den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) trägt.

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Ein zukunftsfähiges Asylsystem für die Schweiz

Mehr Effizienz dank des Prinzips «alles unter einem Dach»

Die Neustrukturierung des schweizerischen Asylwesens, die mit der Gesetzesrevision erreicht werden soll, verfolgt vier Hauptziele:

  • Schutzbedürftige Personen sollen in der Schweiz weiterhin Schutz erhalten und sich rasch in die Gesellschaft integrieren können.
  • Deshalb sollen Asylverfahren rasch, aber auch rechtsstaatlich korrekt abgewickelt werden (60 Prozent aller Verfahren sollen innerhalb von 140 Tagen rechtskräftig entschieden werden).
  • Der Anreiz, offensichtlich unbegründete Asylgesuche einzureichen, soll gesenkt und der Missbrauch bekämpft werden.
  • Die Glaubwürdigkeit eines effizienten und fairen Asylwesens soll nachhaltig gestärkt werden.

Um diese Ziele zu erreichen, sind sowohl eine Neustrukturierung der Abläufe wie auch eine zielgerichtete Anpassung der benötigten Infrastruktur notwendig. Dazu wurden drei verschiedene Typen von dauerhaften Asylunterkünften festgelegt.

Asylunterkünfte mit unterschiedlichen Funktionen

Verfahrenszentrum: In den Verfahrenszentren des Bundes werden Asylgesuche quasi unter einem Dach eingereicht, geprüft und entschieden. Die Schweiz wird in sechs Verfahrensregionen eingeteilt, die alle über ein Zentrum verfügen. Weil alle am Verfahren Beteiligten (Befrager, Rechtsbeistand, Rückkehrberatung, medizinische Versorgung usw.) am selben Ort sind, können die administrativen Abläufe und damit die Verfahren an sich verkürzt werden.

Ausreisezentren: In den Ausreisezentren werden die Personen mit abgelehnten Gesuchen (inkl. Dublin-Fälle) untergebracht. Diese Personen werden nicht wie früher in die Kantone verteilt, sondern bleiben bis zu ihrer Ausreise im Bundeszentrum. Die Rückführung wird damit beschleunigt und die Kantone werden in den Bereichen Unterbringung und Nothilfe entlastet.

Besondere Zentren: Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit gefährden oder den Betrieb der normalen Unterkunft stören, werden in dafür vorgesehenen Bundeszentren untergebracht und nicht in die Kantone verteilt.

Unentgeltlicher Rechtsbeistand ermöglicht rechtsstaatlich korrekte Abwicklung

Um die Verfahren rasch, effizient und doch fair abwickeln zu können, will der Bund den Asylsuchenden eine Rechtsvertretung zur Verfügung stellen. Damit wird sichergestellt, dass die rechtsstaatlichen Voraussetzungen auch mit massiv verschärftem Tempo der Verfahren erfüllt werden können – für ein Land wie die Schweiz mehr als nur eine Pflicht. Gleichzeitig sollen dadurch weniger Rekurse eingereicht werden, weil die Asylsuchenden besser informiert sind. Dass die Referendumsführer diesen notwendigen und sinnvollen Schutz unter dem Begrifft «Gratisanwälte» missbilligen, zeigt, dass sie weder den Rechtsstaat achten noch für ein zukunftsfähiges Asylsystem einstehen. Denn die Kostenargumentation greift hier definitiv zu kurz: Die Rechtsvertreter haben kein Interesse daran, die Verfahren zu verzögern, da sie mittels Pauschale vergütet werden. Ausserdem sind die Kosten für die Rechtsvertretung immer noch tiefer als die Kosten, die anfallen, wenn ein Asylbewerber – mit Steuergeldern finanziert – über Monate oder Jahre ohne definitiven Entscheid in der Schweiz weilt.

Die unentgeltliche Rechtsvertretung ist kein Privileg nur für Schweizer Bürgerinnen und Bürger, sondern steht in der Bundesverfassung (Art. 29 Abs. 3) und wird auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 6 und 13) allgemein garantiert. Mit dem Referendum gegen den in der Revision vorgesehenen Rechtsbeistand greift die SVP den erwähnten Verfassungsgrundsatz an. Damit versucht sie einmal mehr, an rechtsstaatlichen Prinzipien zu rütteln und die Menschen vor dem Recht in zwei Klassen einzuteilen.

Plangenehmigungsverfahren

Aufgrund der aktuellen Unterbringungsproblematik bei Asylsuchenden hat das Parlament innerhalb des sogenannten Dringlichkeitsrechts eine Bestimmung über die bewilligungsfreie Nutzung von Bauten und Anlagen des Bundes zur Unterbringung von Asylsuchenden erlassen. Für solche Umnutzungen kommen momentan nur militärische Bauten und Anlagen infrage. Für Anlagen, die dauerhaft genutzt werden sollen, oder für die Überbauung von Grundstücken des Bundes ist nach heutigem Recht ein umständlicher Bewilligungsmarathon zu durchlaufen. Dies soll mit der Revision vereinfacht werden, indem ein sogenanntes Plangenehmigungsverfahren umgesetzt wird. Es ermöglicht eine bessere Koordination und eine Vereinfachung und damit Beschleunigung der Bewilligungsverfahren, vor allem auch deshalb, weil die Einhaltung der verschiedenen bundes- und kantonalrechtlichen Bestimmungen von einer einzigen Behörde erstinstanzlich beurteilt wird. Die Einsprachemöglichkeiten werden damit minimiert. Das Bundesamt für Migration arbeitet bei der Standort- suche eng mit Kantonen und Gemeinden zusammen, das Plangenehmigungsverfahren kommt deshalb kaum zum Zug. Rund zwei Drittel der Standorte sind bereits heute festgelegt. Enteignungen müssen nicht befürchtet werden. Das VBS, das ebenfalls über das Instrument der Plangenehmigungsverfahren verfügte, setzte dessen «Ultima Ratio», die Enteignung, in den letzten 20 Jahren nie um. Durch die schnelleren und konzentrierten Verfahren wird der Platzbedarf für Asylsuchende generell abnehmen.

Erfolgreiche Testphase in Zürich

Am 6. Januar 2014 konnte der Testbetrieb zur Neustrukturierung im Juchhof in Zürich gestartet werden. Die Anlage vereint alle notwendigen Stellen an einem Ort, auch den vorgesehenen Rechtsbeistand. Hier sollen jährlich 1300 bis 1400 Asylgesuche bearbeitet werden.

Die externe Evaluation kommt zum Schluss, dass der Testbetrieb planmässig funktioniert und dass sich das Betriebsmodell für eine schweizweite Umsetzung eignet. Der Testbetrieb erreichte eine Beschleunigung der Verfahren um rund 39 Prozent, das ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass alles unter einem Dach abgewickelt werden kann. Im Bereich des Wegweisungsvollzugs ist festzustellen, dass Gesuchsteller ohne Bleibeperspektive den Testbetrieb rascher als den Regelbetrieb kontrolliert oder unkontrolliert verlassen. Weggewiesene Personen aus dem Testbetrieb bezogen wesentlich seltener und kürzer Nothilfe als weggewiesene Asylsuchende, die ein Verfahren des Regelbetriebs durchlaufen haben. Die Evaluation bestätigt grundsätzlich die Wirtschaftlichkeit der Neustrukturierung des Asylbereichs aus Sicht des Bundes. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung bekräftigt die Annahme, dass die Neustrukturierung des Asylbereichs mittelfristig zu wesentlichen Kosteneinsparungen führt.

Der Rechtsbeistand trägt positiv zu Rechtsstaatlichkeit, Effizienz, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des Asylverfahrens im Testbetrieb bei. Die Verfahrensbeschleunigung hat zu keinen nachteiligen Auswirkungen bei der Qualität der Entscheide geführt. Gleichzeitig wurde eine klar niedrigere Beschwerdequote festgestellt. Die frühzeitige und umfassende Information zum bestehenden Rückkehrhilfeangebot hat ausserdem dazu geführt, dass dieses vermehrt in Anspruch genommen wurde.

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Der Testbetrieb konnte die Verfahren im gewichteten Durchschnitt um 77 Tage schneller rechtskräftig abschliessen als der Regelbetrieb.

Rasche Verfahren – ein Vergleich

Das Dublin-Verfahren, beschleunigte und erweiterte Verfahren

Quelle: Staatssekretariat für Migration SEM 

Asylgesetzrevision rasche verfahren
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Vorteile für alle dank Neustrukturierung

Effizienter und klar definierter Ablauf ermöglicht rasche Entscheide

Die Abwicklung der Gesuche erfolgt in vier Schritten. In der Vorbereitungsphase werden die notwendigen Abklärungen getroffen, damit die kurzen Fristen für die Behandlung der Gesuche eingehalten werden können. Sie dauert maximal 21 Tage (Ausnahme Dublin-Verfahren mit nur zehn Tagen) und beginnt sofort nach Eintritt in ein Zentrum des Bundes. Der Asylsuchende ist während dieser Zeit in einem solchen untergebracht. Wichtig ist innerhalb dieser ersten Tage auch die medizinische Versorgung und umgehende Abklärungen durch professionelles Personal. Während der Vorbereitungsphase kann bereits eine erste Kategorisierung nach den drei festgelegten Verfahrenstypen gemacht werden.

Dublin-Verfahren, beschleunigtes und erweitertes Verfahren im Vergleich

Beschleunigtes Verfahren: Asylgesuche, bei denen rasch klar ist, dass für einen Entscheid (positiv oder negativ) keine weiteren Abklärungen nötig sind, werden in einem beschleunigten Verfahren abgehandelt (rund 20 Prozent aller Gesuche). Innerhalb des beschleunigten Verfahrens erfolgt grundsätzlich keine Zuweisung an die Kantone, sie werden vollumfänglich in den Bundeszentren abgewickelt. Die Asylgesuche sollen innerhalb von 100 Tagen rechtskräftig entschieden werden, bei einem negativen Entscheid muss ebenfalls die Wegweisung innerhalb dieser Frist vollzogen werden. Personen, die einen positiven Entscheid erhalten, werden auf die Kantone verteilt und dort so rasch wie möglich integriert. Gesuche, bei denen ein rechtskräftiger Entscheid binnen der festgelegten 100 Tage nicht möglich ist, werden in das sogenannte erweiterte Verfahren überführt.

Erweitertes Verfahren: Das erweiterte Verfahren (rund 40 Prozent aller Gesuche) kommt vor allem dann zur Anwendung, wenn nach der Anhörung oder im Rahmen des Beschwerdeverfahrens weitere Abklärungen notwendig werden, der Entscheid also nicht sofort gefällt werden kann. In diesem Fall werden die Asylsuchenden für die Dauer des Verfahrens und des Wegweisungsvollzugs den Kantonen zugewiesen. Innert Jahresfrist soll der Entscheid gefällt und eine allfällige Wegweisung vollzogen sein.

Dublin-Verfahren: Asylsuchende, die über ein Land in die Schweiz kommen, das ebenfalls dem Dublin-Abkommen angehört (rund 40 Prozent der Gesuche), verbleiben bis zum Entscheid im Bundeszentrum und werden nicht auf die Kantone verteilt. Die Frist für den Entscheid ist bei dieser Kategorie kurz, weil die Rückweisung in das Erstland gemäss Dublin-Abkommen bereits feststeht. Kann ein Dublin-Verfahren nicht ordnungsgemäss durchgesetzt werden, dann wird das Gesuch je nach Situation im beschleunigten Verfahren oder im erweiterten Verfahren abgewickelt.

Ist die Vorbereitungsphase abgeschlossen, beginnt mit dem sogenannten erstinstanzlichen Verfahren die eigentliche Abwicklung des Prozesses. Im beschleunigten Verfahren ist der Ablauf detailliert und verbindlich festgelegt und muss eingehalten werden – die Fristen sind hier sehr eng. Stellt sich im Rahmen der Anhörung zu den Asylgründen heraus, dass weitere Abklärungen notwendig sind und deshalb das beschleunigte Verfahren nicht durchgeführt werden kann, so tritt der Asylsuchende in das erweiterte Verfahren über. In diesem Fall erfolgt eine Zuweisung in den entsprechenden Kanton, der für die weiteren Schritte zuständig ist. Nachdem dort ein Entscheid gefällt ist, beginnt unmittelbar die gesetzlich vorgesehene Beschwerdefrist von sieben Tagen.

Legt der Asylsuchende einen Rekurs ein, so läuft das Beschwerdeverfahren an. Nach Eingang der Beschwerde gegen einen materiellen Asylentscheid befindet das Bundesverwaltungsgericht im beschleunigten Verfahren innerhalb von 20 Tagen. Bei Nichteintretensentscheiden (insbesondere Dublin-Verfahren) beträgt die Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren und im erweiterten Verfahren sogar nur sieben Tage. Während der gesamten Zeit des Beschwerdeverfahrens erfolgt eine intensive Rückkehrberatung.

Als letzter Schritt wird der Asylsuchende entweder zur Integration einem Kanton zugewiesen (wenn er nicht schon dort ist, weil er das erweiterte Verfahren durchlaufen hat), oder es erfolgt der Vollzug der Wegweisung. Für diesen ist im beschleunigten Verfahren und im Dublin-Verfahren der Standortkanton des Zentrums des Bundes zuständig. Asylgesuche im erweiterten Verfahren werden einem Kanton zugewiesen, der wie bisher auch für den Vollzug der Wegweisungen zuständig ist.

Grafik 2

Mit dem beschleunigten und erweiterten Verfahren erfahren Asylsuchende schneller, ob sie in der Schweiz bleiben können oder weggewiesen werden.

Behandlung eines Asylgesuches

Ab Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelungen

Quelle: Eidgenössisches Justiz und Polizeidepartement EJPD

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Kosten können gesenkt werden

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Neustrukturierung im Asylbereich soll mittel- bis langfristig zu Einsparungen führen. In einer ersten Phase fallen jedoch Anlaufkosten an, um die Infrastruktur und die personelle Situation auf die Neustrukturierung anzupassen: Die Unterbringungskapazitäten des Bundes werden auf 24’000 Gesuche pro Jahr ausgerichtet, dazu sind gewisse Investitionen notwendig. Weiter erfordert die straffe Taktung des Verfahrens mehr Personal als heute, dies im Umfang von zusätzlich rund 250 Stellen. Ein weiterer Faktor sind die Mehrkosten für den vorgeschlagenen Rechtsschutz. Aufwände für medizinische Versorgung, Bildungsmassnahmen für schulpflichtige Kinder und Kosten für Dolmetscher und spezifische Abklärungen kommen hinzu.

Den erhöhten Kosten insbesondere in der Anfangsphase stehen jedoch mittel- bis langfristig folgende Einsparungen gegenüber:

  • Durch die Neustrukturierung können die Verfahren gestrafft und unnötige Verzögerungen vermieden werden.
  • Durch die geringere Anzahl Asylsuchende, die den Kantonen zugeteilt werden, und die Verkürzungen des Aufenthalts der Betroffenen in den Kantonen auch im erweiterten Verfahren werden die Aufwendungen bei den Sozialhilfe- und Betreuungskosten sinken.
  • Rasche Verfahren werden dazu führen, dass weniger Personen wegen Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung vorläufig aufgenommen werden. Das bedeutet auch hier tiefere Sozialhilfekosten.
  • Längerfristig wird die Beschleunigung der Verfahren erfahrungsgemäss zu einer Abnahme der unbegründeten Gesuche führen.

Die Revision bringt somit unter dem Strich kostenmässig sowohl für den Bund wie auch für die Kantone und Gemeinden (v.a. weniger Sozialhilfekosten) Vorteile und ist deshalb auch aus finanzpolitischer Sicht sinnvoll. Gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen in der Asylpolitik, die sich so rasch wohl nicht verändern werden.

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Die Gesamtkosten können trotz zusätzlichen Personal- und Betriebskosten um 110 Millionen Franken pro Jahr gesenkt werden.

Jährliche Einsparungen

Mit Beschleunigung 110 Millionen Franken beim Bund sparen

Staatssekretariat für Migration SEM

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Gefahr von Artikel 121a (Masseneinwanderungsinitiative) für die Asylpolitik

Der Artikel 121a in der Bundesverfassung, der zur Umsetzung ansteht, will die Einwanderung mit Höchstzahlen und Kontingenten steuern. Sollte die Umsetzung von Artikel 121a zu einer Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens (PFZA) mit der EU führen, könnte diese auch andere Abkommen mit der Schweiz kündigen, zu denen sie eine Verbindung mit dem PFZA sieht. Betroffen wären die Abkommen Schengen und Dublin. Diese sind zwar formell nicht mit dem PFZA verknüpft, das Schengen-Abkommen ergänzt aber das PFZA, indem es den Reiseverkehr im gesamten Schengen-Raum erleichtert. Und weil das Dublin-Abkommen mit dem Schengen-Abkommen verknüpft ist, würde folglich auch dieses wegfallen. Sollte das passieren, hätte das für die Schweiz schwerwiegende Folgen, denn innerhalb des Dublin-Abkommens werden die Zuständigkeiten für die Behandlung der Asylgesuche europaweit geregelt. Das Abkommen ist aufgrund der aktuellen Flüchtlingskrise stark unter Druck (wie auch der Vertrag über Schengen). Ein Wegfall würde die hiesige Asylpolitik vor zusätzliche Herausforderungen stellen. Die Schweiz könnte sich dann nicht mehr auf die Dublin-Zuständigkeiten berufen und würde als Zielland noch attraktiver – wie bereits in den 1990er-Jahren. Vor diesem aktuellen Hintergrund ist die Revision mit der Beschleunigung und Neustrukturierung der Asylverfahren umso wichtiger.

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Ein wichtiger Mosaikstein bei der Umsetzung der MEI

Wichtiges Mittel, um Zuwanderungsdruck zu senken

Im Vorfeld der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative (MEI) der SVP konnte in der Diskussion rund um die Zuwanderung immer wieder beobachtet werden, dass die verschiedenen Zuwanderungsgruppen vermischt wurden. Diese Vermischung wurde von der SVP gezielt gefördert, um die Ängste weiter zu verstärken. Die Vermutung, dass viele Menschen auch deshalb Ja gestimmt haben, weil sie der Auffassung waren, dass dann die Zahl der Asylsuchenden sinken werde, ist naheliegend. Die aktuelle Diskussion rund um die Umsetzung von Artikel 121a zeigt, dass die Beschränkung primär innerhalb der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt erfolgen muss. Dabei sind zwei unterschiedliche Gruppen betroffen, wovon eine bereits kontingentiert ist:

  • Einwanderung aus dem EU-/EFTA-Raum, die heute über das Personenfreizügigkeitsabkommen (PFZA) geregelt ist.
  • Einwanderung aus Drittstaaten, die heute über Kontingente geregelt ist.

Der dritte Bereich der Einwanderung, der Asylbereich, unterliegt anderen Kriterien als die oben aufgeführten beiden Einwanderungsgruppen und kann des- halb auch nicht so einfach beschränkt werden. Die Schweiz hat nämlich, wie alle anderen europäischen Länder auch, eine humanitäre Pflicht. Die Verfas- sung sieht vor, dass Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind, Schutz gewährt wird. Gleichzeitig ist es aber ebenso wichtig, dass Missbräuche bekämpft und Entscheide rasch gefällt werden. Das hilft auch den Menschen, die als Verfolgte und Schutzbedürftige in die Schweiz kommen. Die Asylpolitik sollte deshalb konsequent, aber fair ausgestaltet sein – hierzu ist die vorliegende Gesetzesrevision ein wichtiges Mittel.

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Wieso wandern Menschen in die Schweiz ein? Die Statistik zeigt, dass der Sylbereich nur einen geringen Anteil der Zuwanderung ausmacht. Der grösste Teil der Zuwanderung erfolgt in den Arbeitsmarkt - dazu gehört auch der Familiennachzug von zugewanderten Arbeitnehmern. 

Entwicklung der Bruttoeinwanderung seit 1988

Migration erfolgt vor allem in den Arbeitsmarkt

Quelle: PETRA (bis 2010) und SEM (ab 2011)

«Arbeit» fasst die beiden Kategorien Erwerbstätigkeit ohne Kontingentierung und kontingentierte Erwerbstätigkeit zusammen. «Asyl» fasst bis 2010 die Kategorien Anerkannte Flüchtlinge und Härtefälle zusammen. Ab 2011 sind es «anerkannter Flüchtling nach Asylge- währung», «Härtefallregelung nach Asylprozess» und «Ausländerrechtliche Regelung nach Asylprozess». Die beiden Erfassungen sind nicht deckungsgleich und können daher nur bedingt miteinander verglichen werden. Um den Trend aufzuzeigen ist es aber hinreichend.

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Beschleunigte Verfahren im Interesse der Wirtschaft

Die Wirtschaft hat sich im Zusammenhang mit der Umsetzung von Artikel 121a immer klar für schnelle Verfahren im Asylwesen ausgesprochen. Wenn die Entscheide rasch gefällt werden, dann können einerseits die Rückschaffungen sofort geschehen, anderseits können die aufgenommenen Flüchtlinge rasch in den Arbeitsmarkt integriert werden. Damit wird die Schweiz als Zielland weniger attraktiv, die Kosten werden gesenkt und von einer gezielten und professionellen Integration profitiert der Arbeitsmarkt. Gerade aus Regionen wie Syrien kommen nämlich zunehmend auch vergleichsweise gut ausgebildete Personen, die mit einer professionellen Betreuung als Arbeitskräfte eingesetzt werden können. Die grosse Herausforderung liegt dabei vor allem in der Sprache. Wichtig sind professionelle und effiziente Assessmentmethoden, um die Potenziale richtig beurteilen zu können und ausreichend sinnvolle Integrationsmöglichkeiten innerhalb der Wirtschaft.

Die Schweiz tut gut daran, jene Menschen, die sie aufnimmt, so zu unterstützen, dass sie so schnell wie möglich arbeiten und selbständig sind. Dadurch sind sie einerseits schneller in der Gesellschaft integriert und fallen anderseits auch nicht mehr dem Steuerzahler zur Last. Gleichzeitig kann damit in gewissen Branchen dem Arbeitskräftemangel – der durch die demografische Entwicklung verschärft wird – entgegengewirkt werden. Bestimmte Branchen sind deshalb in diesem Bereich bereits aktiv und bieten beispielsweise eine Flüchtlingslehre an. economiesuisse setzt sich dafür ein, dass die Unternehmen weitere Programme in diese Richtung umsetzen und unterstützt den sogenannten Integrationsartikel, den der Bundesrat am 4. März in seiner Botschaft im Umfeld der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative vorgeschlagen hat.

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Fazit: Konstruktive Lösungen anstatt weitere Blockade

Migrationsdruck senken dank schneller Verfahren

Die Bevölkerung hat mit dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative klar gesagt, dass sie eine bessere Steuerung der Einwanderung will. Damit war besonders auch der Asylbereich gemeint. Dank schneller Verfahren und damit rascher Entscheide kann der Migrationsdruck in diesem Bereich mittel- bis langfristig gesenkt werden. Denn durch die Neustrukturierung können abgewiesene Asylsuchende rasch in das Dublin- oder Ursprungsland zurückge- bracht und aufgenommene Flüchtlinge integriert werden. Diese Verschärfung wird dazu führen, dass Asylgesuche ohne anerkannten Grund zurückgehen werden.

Nur gesetzlicher Rechtsbeistand ermöglicht Einhaltung der engen Fristen

Der in der Revision vorgesehene Rechtsbeistand ermöglicht es, dass die Verfahren in der stark verkürzten Frist abgewickelt werden und trotzdem die rechtsstaatlichen Prinzipien eingehalten werden. Gleichzeitig zeigt sich im Testbetrieb, dass die Flüchtlinge die Entscheide dadurch besser akzeptieren und somit weniger Rekurse anfallen.

Rasche Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft

Dank schneller Entscheide können die aufgenommenen Flüchtlinge in den zugewiesenen Kantonen rasch und professionell integriert werden – auch in den Arbeitsmarkt. Die Eingliederung in ein Arbeitsumfeld ist der Schlüssel zur Gesellschaft und ermöglicht den Menschen Selbstständigkeit. Ausserdem werden sie so auch schneller in ein soziales Umfeld eingebettet und können einen aktiven Beitrag leisten für die Allgemeinheit. Dieser Weg ist sozial, fair und auch volkswirtschaftlich sinnvoll.

Geringere Gesamtkosten durch effiziente Neustrukturierung

Die heutigen Verfahren sind zu lang und verursachen entsprechend hohe Kosten (Unterbringung, Sozialhilfe, Rekurse usw.). Eine enge Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden und die neuen Bundeszentren bieten die Voraussetzung für effiziente Verfahren, wodurch mittel- bis langfristig substanzielle Einsparungen gemacht werden können. Im Hinblick auf eine Zunahme der Asylgesuche ist ein kosteneffizientes Asylwesen umso wichtiger.

Humanitäre Tradition mit Verstand weiterführen

Die Schweiz ist stolz auf ihre humanitäre Tradition. Damit diese weiterhin gepflegt werden kann, ist ein umsichtiges Vorgehen in der Asylpolitik wichtig. Schnelle, konsequente und faire Verfahren sind der richtige Weg – für die Asylsuchenden, aber auch für die Schweiz und ihre Bevölkerung.

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