Selbstbestimmungsinitiative schränkt Entscheidungsfreiheit ein
Würde die Selbstbestimmungsinitiative angenommen, würde dies nicht nur die bilateralen Abkommen direkt angreifen, sondern auch die aussenpolitische Entscheidungsfreiheit der Schweiz einschränken.
Die Selbstbestimmungsinitiative befindet sich in der parlamentarischen Vorberatung. Fachlich ist die Ausgangslage klar: Würde diese Initiative angenommen werden, wären nicht nur 600 Wirtschaftsabkommen rückwirkend und negativ betroffen und die bilateralen Abkommen direkt angegriffen, sondern auch die aussenpolitische Entscheidungsfreiheit der Schweiz würde eingeschränkt. Denn sobald zwischen Bundesverfassung und einem internationalen Vertrag ein «Widerspruch» auftritt, müsste die Schweiz diesen Widerspruch durch Verhandlungen aus der Welt schaffen, oder aber das betreffende Abkommen kündigen – «nötigenfalls». Anstelle einer gutschweizerischen und pragmatischen Lösungsfindung im seltenen Konfliktfall stünde neu ein starrer Automatismus.
Aussenpolitisch gibt es eine weitere, gewichtige Fragestellung: Stärken solche Verhandlungs- und Kündigungsautomatismen die Schweiz? Sicher nicht, das Gegenteil ist der Fall: Bei der MEI-Umsetzung und auch bei Brexit ist klar ersichtlich, dass zu enge Fristen und Verhandlungsvorgaben zu schlechten Karten im Verhandlungspoker führen. Was also tun?
Dank der Direktdemokratie können wir bereits heute über internationale Verträge selbst bestimmen.
Um nun genau zu verhindern, dass sich die Schweiz durch die Selbstbestimmungsinitiative selbst schwächt, wird in Bern gegenwärtig über einen Gegenvorschlag diskutiert. Braucht es aber überhaupt einen Gegenvorschlag? Die Antwort ist Nein. Wenn jemand mit einem internationalen Abkommen der Schweiz nicht einverstanden ist, dann kann er bereits heute seine Volksrechte nutzen und eine Volksinitiative zu dessen Kündigung lancieren. Genau das macht die SVP in diesen Tagen mit dem Start der Unterschriftensammlung zur Kündigung des Freizügigkeitsabkommens. Damit hat die SVP selbst den überzeugendsten Beweis erbracht, dass es weder ihre Selbstbestimmungsinitiative, noch einen Gegenvorschlag braucht. Dank der Direktdemokratie können wir bereits heute über internationale Verträge selbst bestimmen – und auch schädliche Volksinitiativen wie die Selbstbestimmungsinitiative und die Kündigungsinitiative ablehnen.