Schengen

Schen­gen-Ab­kom­men darf nicht ris­kiert wer­den

Der Na­tio­nal­rat hat am Mitt­woch klar fest­ge­hal­ten: Die Schweiz darf ihre Schen­gen-Mit­glied­schaft nicht aufs Spiel set­zen, wenn sie ihr Waf­fen­recht über­ar­bei­tet. Denn das scha­det der Wirt­schaft. Trotz­dem hat er den bun­des­rät­li­chen Ent­wurf leicht an­ge­passt.

Das Schen­gen-Ab­kom­men ist für die Schweiz von gros­ser Be­deu­tung. Das hat heute auch der Na­tio­nal­rat be­stä­tigt, als er über die Wei­ter­ent­wick­lung des Schen­gen-Be­sitz­stands und der EU-Waf­fen­richt­li­nie de­bat­tiert hat. Mit 114 zu 67 Stim­men hat er sich darum ent­schie­den, den an­ge­pass­ten Ent­wurf des Bun­des­rats zur An­pas­sung des Schwei­zer Waf­fen­rechts an­zu­neh­men. Zuvor hatte Bun­des­rä­tin Si­mo­net­ta Som­maru­ga er­klärt: «Ein Weg­fall von Schen­gen und Dub­lin könn­te für die Schwei­zer Volks­wirt­schaft ins­ge­samt zu einem jähr­li­chen Ein­kom­mens­ver­lust von bis zu 11 Mil­li­ar­den Fran­ken füh­ren».

Na­tio­nal­rat spricht sich für klei­ne an­pas­sun­gen bei aus­nah­me­re­ge­lun­gen aus

Der Na­tio­nal­rat mit meh­re­ren An­trä­gen die Aus­nah­me­re­ge­lun­gen noch wei­ter ge­fasst als der Bun­des­rat. eco­no­mie­su­is­se be­ur­teilt diese Mass­nah­men skep­tisch, da nicht klar ist, ob diese gegen die Ver­pflich­tun­gen der Schweiz als Schen­gen­mit­glied ver­stos­sen.

eco­no­mie­su­is­se setzt sich für eine Waf­fen­rechts­um­set­zung ein, wel­che die Schen­gen­mit­glied­schaft der Schweiz nicht aufs Spiel setzt. Denn die Schwei­zer Wirt­schaft pro­fi­tiert stark von dem Ab­kom­men. Drei Grün­de müs­sen be­son­ders her­vor­ge­ho­ben wer­den: Ers­tens wür­den ohne Schen­gen­mit­glied­schaft der Schweiz Stau­kos­ten von bis zu 1.5 Mil­li­ar­den Fran­ken pro Jahr ent­ste­hen, weil die EU-Staa­ten wie­der sys­te­ma­ti­sche Grenz­kon­trol­len ein­füh­ren müss­ten. Zwei­tens hängt am Schen­ge­nab­kom­men auch das Schen­gen­vi­sum, das für die hie­si­ge Tou­ris­mus­in­dus­trie Vor­tei­le bringt. Chi­ne­si­sche oder in­di­sche In­di­vi­du­al­rei­sen­de müss­ten ohne Schen­gen­mit­glied­schaft künf­tig zwei Visa be­an­tra­gen, um noch für ein paar Tage in die Schweiz zu rei­sen. Das würde viele ab­schre­cken. Be­trie­ben wie Ho­tels oder Re­stau­rants der Schweiz gin­gen so 200 bis 530 Mil­lio­nen Fran­ken ver­lo­ren. Und drit­tens kön­nen hie­si­gen die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den wegen der Mit­glied­schaft auf die si­cher­heits­re­le­van­ten In­for­ma­ti­ons­aus­tausch­platt­for­men der Schen­gen-Staa­ten zu­rück­grei­fen kön­nen. Dank des Zu­griffs auf die Schen­gen-Fahn­dungs­sys­te­me (SIS) kann die Bun­des­po­li­zei (fed­pol) täg­lich po­ten­zi­ell ge­fähr­li­che Per­so­nen über­füh­ren, sie er­hält pro Tag rund 35 po­si­ti­ve Tref­fer. Das er­höht die Si­cher­heit im Land und ist ein wich­ti­ger Stand­ort­fak­tor. Zudem würde ein Aus­tritt aus Schen­gen auch eine Kün­di­gung des Dub­li­ner Über­ein­kom­mens be­wir­ken. Dies könn­te der Schweiz im Asyl­be­reich Mehr­kos­ten von min­des­tens 350 Mil­lio­nen bis ma­xi­mal 1.3 Mil­li­ar­den Fran­ken pro Jahr ein­brin­gen. All das zu ris­kie­ren, um mar­gi­na­le Än­de­run­gen des Waf­fen­rechts zu ver­hin­dern, ist un­ver­hält­nis­mäs­sig.

Als nächs­tes wird sich der Stän­de­rat im Herbst mit der Vor­la­ge aus­ein­an­der­set­zen. Die EU hat nach den ter­ro­ris­ti­schen An­schlä­gen eine Richt­li­nie er­las­sen, um den Be­sitz von Waf­fen stär­ker zu re­geln. Als Schen­gen-Mit­glied ist die Schweiz ver­pflich­tet, ihr Waf­fen­recht eben­falls an­zu­pas­sen – sie hat dabei weit­rei­chen­de Aus­nah­men aus­ge­han­delt. Passt sie ihr Waf­fen­recht aber gar nicht an oder aus­ser­halb des Rah­mens der Aus­nah­me­re­ge­lun­gen, ris­kiert sie das Schen­gen-Ab­kom­men. An die­sem hängt auch das Dub­li­ner Über­ein­kom­men.