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Perlen der Wirtschaft – CombaGroup

Salatanbau mithilfe einer Technologie der NASA: Neben der technologischen Innovation verkürzt CombaGroup die Produktionswege und vermeidet die Verschwendung von Ressourcen. Dieses Start-up im Norden des Kantons Waadt räumt mit gängigen Klischeevorstellungen von der Landwirtschaft auf und exportiert sein Know-how in alle Welt.

Wer in Molondin, im Norden des Kantons Waadt, ankommt, kann das imposante Treibhaus nicht übersehen, das am Eingang dieses abgelegenen 200-Seelen-Dörfchens thront. Es fällt schwer sich vorzustellen, dass hier vielleicht die Zukunft des Salatanbaus geschrieben wird. Doch genau dieses Ziel verfolgt das Start-up-Unternehmen CombaGroup: den Anbau von Gemüse zu revolutionieren!

Die Initiatoren dieses Projekts sind zwei Franzosen, die im Grunde nichts zu einer Karriere im Agrarsektor prädestinierte. Benoît de Combaud (im Bild rechts oben) war früher im Logistikbereich tätig und hatte die zündende Idee, als er sich mit den Vertriebswegen unseres Gemüses befasste: Auf dem Weg vom Feld zum Teller des Konsumenten gehen zwei Drittel aller Salate verloren. Dabei ist Salat in Europa die am zweithäufigsten verkaufte Kulturpflanze. Diese Erkenntnis reichte Benoît de Combaud, um sich in ein unternehmerisches Abenteuer zu stürzen. Gemeinsam mit Marie de Raismes (im Bild Mitte unten), die an der HEC Paris studiert hat und heute den Posten des CFO bekleidet, gründete er das Unternehmen in Paris. Schon bald darauf verlagerten sie ihren Firmensitz in die Schweiz und richteten sich mit ihrem Start-up zunächst im Technologiepark Y-Parc in Yverdon-les-Bains und später in der Industriezone Agropôle im Dörfchen Molondin ein, wo sie das dynamische Ökosystem vorfanden, das sie in Frankreich vermisst hatten. Dank verschiedener Partnerschaften – insbesondere mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Kantons Waadt und der Forschungsanstalt Agroscope Changins – nahm das Projekt Gestalt an. «Die Schweiz ist ein Paradies!», erklärt Marie de Raismes. Sie ist überzeugt, dass unser Land ein günstiges Umfeld für die Gründung eines Start-up-Unternehmens bietet, insbesondere aufgrund der guten beruflichen Netzwerke und der Arbeit von Förderorganisationen wie der Wirtschaftsförderung des Kantons Waadt, der Business Angels oder der Kommission für Technologie und Innovation (KTI). Hinzu kommen die vielen Auszeichnungen, die das junge Unternehmen seit seiner Gründung einheimsen konnte, beispielsweise der Venture-Kick-Förderpreis, die IMD Startup Competition sowie die Unterstützung durch die Fondation pour l’innovation technologique (FIT). Die CombaGroup wurde ausserdem mit dem KTI Start-up-Label geadelt. Dank diesem Leistungsausweis ist das Unternehmen seit 2013 in den Top 100 der besten Schweizer Start-ups vertreten.

 

Das folgende Video vermittelt einen detaillierteren Einblick in die Funktionsweise der Technologie von CombaGroup:

 

 

 

 

Doch zurück zu unserem Besuch im Pilottreibhaus von CombaGroup. Vor dem Betreten der rund 500 Quadratmeter grossen Anlage gilt es, Hausschuhe und eine Pelerine überzuziehen und die Hände zu desinfizieren. Danach müssen wir eine Schleuse passieren. «Damit begrenzen wir das Risiko einer Kontaminierung unserer Kulturen», erklärt Marie de Raismes. Seit den Anfängen setzt das Start-up auf die Aeroponik, eine Form der Hors-sol-Kultur, die schon seit den 1940er-Jahren bekannt ist und die heute in der Raumstation der NASA genutzt wird, um… Salat zu züchten. Doch das Start-up-Unternehmen punktet mit weiteren Alleinstellungsmerkmalen wie z.B. seinem mobilen Sprühroboter, seiner automatisierten Lösung zur Kontrolle der Pflanzabstände und der Rückgewinnung der Abwärme zur Beheizung seines Treibhauses. Der Sprühroboter sprüht einen feinen Nebel aus Wasser und Nährstoffen direkt auf die Wurzeln der Pflanzen, während er unter den Pflanzplatten mit den dicht gedrängten Salatreihen seine Bahnen zieht. Diese Pflanzplatten werden während des Wachstumszyklus des Salats immer wieder neu angeordnet, um dem zunehmenden Platzbedarf der Pflanzen Rechnung zu tragen. Das Technikerteam ist dabei, ein Schienensystem zu entwickeln, um diesen Arbeitsschritt zu automatisieren und gleichzeitig die Produktivität pro Quadratmeter zu optimieren. Für die Beleuchtung der Pflanzen im Inneren des Treibhauses werden energiesparende LED-Lampen eingesetzt. Das Wachstum der Salate wird von einer über den Pflanzflächen installierten mobilen Kamera minutiös überwacht. Und schliesslich wird die Entwicklung von Pilzen oder Insekten durch eine UV-Behandlung verhindert. Die gesamte, hochtechnisierte Anlage wird auf den Bildschirmen des Kontrollraums permanent überwacht, analysiert und gesteuert.

Salate im Pilottreibhaus von CombaGroup in Molondin (VD) – © Zuzanna Adamczewska-Bolle

 

Doch worin bestehen die Vorteile dieser Technologie? Im Vergleich zur Freilandkultur verbraucht die Anlage 90 Prozent weniger Wasser, kommt ohne Pestizideinsatz aus und erzielt einen 10- bis 15-mal höheren Ertrag. Vor allem aber kann das ganze Jahr über Salat angebaut und geerntet werden – mit Produktionszyklen von rund fünf bis sechs Wochen. Mit dem Konzept konnte bereits ein Gemüsebauer der Region als Partner gewonnen werden, der mit CombaGroup zusammenarbeitet und in das Start-up investiert. Verschiedene weitere Projekte in der Schweiz und im Ausland sind in Planung.

Wie in jedem dynamischen Start-up hat das Team von CombaGroup ehrgeizige Pläne. Während das Unternehmen dabei ist, mit seinen Geldgebern die zweite Finanzierungsrunde im Umfang von mehreren Millionen Franken abzuschliessen, wird eifrig über mögliche Expansionsschritte nachgedacht. «Wir haben Joint-Venture-Projekte für Treibhäuser in der Schweiz und in Frankreich, und es gibt auch im übrigen Europa, in den Vereinigten Staaten und in der Golfregion Interessenten für unsere Technologie», erläutert Marie de Raismes. Auf längere Sicht hofft das Unternehmen, den Bau seiner Treibhäuser und sein Know-how für den Betrieb dieser Anlagen vermarkten zu können, sodass der Kunde eine schlüsselfertige Komplettlösung erwerben kann. Die Premiumqualität der Produkte und die mit herkömmlichen Kulturen vergleichbaren Verkaufspreise sind wichtige Wettbewerbsvorteile dieser innovativen Anbaumethode. «In diesem Bereich gehen Ökologie und Ökonomie Hand in Hand», betont die junge Finanzchefin.

Sehen sich die Jungunternehmer bei alledem noch als Landwirte? «Ja», antwortet Marie de Raismes nach kurzer Überlegung, «aber als sehr technikaffine. Wir möchten die Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten.»