Roter stift umkreist Zahlen

Bundesfinanzen im roten Bereich – jetzt ist die Politik gefordert

Bei den Bundesfinanzen haben sich die seit einigen Monaten bekannten Unsicherheiten teilweise geklärt: leider in negativer Hinsicht. Der Bund hat das letzte Jahr mit einem Defizit abgeschlossen. Das ist das erste Mal seit 2005. Auch die Zukunftsaussichten wurden nach unten korrigiert. Die Zahlen sind noch nicht katastrophal. Für die kommenden politischen Herausforderungen ist es entscheidend, wie die Politik mit der Situation umgeht.

Zum ersten Mal seit 2005 hat der Bund im Rechnungsjahr 2014 mit einem Defizit abgeschlossen. Der Fehlbetrag von 120 Millionen Franken ist nicht katastrophal. Er liegt im Rahmen der Schuldenbremse. Der Puffer zum zulässigen Limit ist deutlich grösser als jener im Budget, das vom Parlament im letzten Dezember für das laufende Jahr verabschiedet wurde.

Eher besorgniserregend sind die Ursachen für das unerwartet schlechte Resultat, das sich allerdings seit letzten Sommer abgezeichnet hat. (Siehe Dossierpolitik Bundesfinanzen) Vor allem die direkten Steuern des Bundes haben deutlich unter den Erwartungen abgeschnitten. Ein Betrag von über zwei Milliarden Franken unter dem Budget (zehn Prozent) ist substanziell. Die Gründe dafür sind nicht bekannt und werden jetzt untersucht. Das Ergebnis wird darüber Aufschluss geben, ob man es mit einem einmaligen Taucher zu tun hat oder die Verschiebung nach unten strukturell begründet ist und man damit längerfristig mit tieferen Einnahmen rechnen muss.

Die letzten Jahre waren im Parlament vom Ansinnen geprägt, jedes Jahr zusätzliche Gelder an alle Interessengruppen zu verteilen. Wie unsere Bundesaufgaben unter knappen Finanzen erfüllt werden können und Prioritäres von weniger Wichtigem zu trennen ist, darin fehlt die Erfahrung weitgehend. Das ist das wirklich Beunruhigende an der aktuellen Situation. Die letzte Budgetdebatte war hierfür beispielhaft: Alle Wünsche wurden bedient, auch wenn dafür hart an die Grenze der Schuldenbremse gegangen wurde. Es gab kaum eine Vorlage in den letzten Jahren, die am Ende nicht noch finanziell aufgestockt wurde. Die Empörung über Vorschläge für etwas mehr Masshalten und für eine vorausschauende, vorsichtige Finanzpolitik war jeweils gross. So scheiterte das Konsolidierungsprogramm 2011 grandios. Und auch beim aktuellen Konsolidierungspaket (KAP) ist wenigstens eine Teilumsetzung nur darum erfolgt, weil der Bundesrat die Zügel selbst in die Hand genommen hat.

Noch ohne allfällige negative Einflüsse aufgrund der Franken-Aufwertung werden im nächsten und den folgenden Jahre substanzielle Massnahmen erforderlich sein, um den Bundeshaushalt auf Kurs zu halten. Gefordert ist der Bundesrat, der bereits Bereinigungen in Form von Teuerungskorrekturen und Abstrichen bei der Verwaltung angekündigt hat. Neben der Landesregierung wird aber vor allem das Parlament handeln müssen. Drei Handlungsfelder sind entscheidend:
Umsetzung der Sparvorgaben, die der Bundesrat im Budget 2016 machen wird, 

Umsetzung jener Massnahmen des KAP, die nicht ins Budget 2015 Eingang gefunden haben; das gilt vor allem für die tiefere Verzinsung der IV-Schulden bei der AHV, die mit zwei Prozent seit Jahren zu hoch ist,

ab 2016 müssen die grossen Zahlungsrahmen des Bundes für die Bildung und Forschung, die Landwirtschaft, die Entwicklungshilfe und den Schienenverkehr neu festgelegt werden. Das sind die grossen Brocken, bei denen das Parlament finanzpolitischen Spielraum hat. Die Zahlungsrahmen sind so festzulegen bzw. zu beschliessen, dass genügend Raum bleibt für weitere wichtige Projekte und Aufgaben, die für die Sicherung von Wachstum und Wohlstand in der Schweiz zentral sind. An vorderster Stelle steht hier die Unternehmenssteuerreform III.

Eine auf mehr Mass und Weitsicht ausgerichtete Finanzpolitik sollte sofort beginnen und nicht auf allenfalls bessere, oder schlimmer noch, endgültig bestätigte schlechte Prognosen warten. Ausgabenwachstumsraten von drei und mehr Prozenten, wie sie für aktuelle Projekte wieder diskutiert werden, sind Überbleibsel aus einer Zeit, in der man sich über jährlich neue hohe unerwartet Überschüsse beklagte und den Bundesrat für die Planungsunsicherheit kritisierte. Mit den Überschüssen scheint es nun einige Zeit vorbei zu sein. Mit dem entsprechenden Ausgabengebaren hoffentlich auch.