Drapeaux Brexit

Brex­it: Wie geht es nun wei­ter nach Aus­lö­sung von Art. 50 des EU-Ver­trags?

Mit der Ab­sichts­er­klä­rung an den Prä­si­den­ten des Eu­ro­päi­schen Rats hat die bri­ti­sche Re­gie­rung ge­mäss Ar­ti­kel 50 des Ver­trags von Lis­sa­bon das Ver­fah­ren zum Aus­tritt aus der Eu­ro­päi­schen Union aus­ge­löst. In­ner­halb von 48 Stun­den wird Rats­prä­si­dent Tusk den ver­blei­ben­den 27 Mit­glied­staa­ten einen Ent­wurf für Leit­li­ni­en über die Ein­zel­hei­ten eines Aus­tritts­ab­kom­mens mit Gross­bri­tan­ni­en un­ter­brei­ten.

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Den Leit­li­ni­en soll­te der Eu­ro­päi­sche Rat in­ner­halb von drei bis fünf Wo­chen zu­stim­men. Auf Basis die­ser Leit­li­ni­en un­ter­brei­tet die Kom­mis­si­on einen Ent­wurf für ein Ver­hand­lungs­man­dat. Es wird damit ge­rech­net, dass die Mit­glied­staa­ten sich in­ner­halb von drei bis fünf  Mo­na­ten auf ein Ver­hand­lungs­man­dat ei­ni­gen kön­nen, wobei mit sub­stan­zi­el­len Re­sul­ta­ten erst nach den Bun­des­tags­wah­len in Deutsch­land (24. Sep­tem­ber 2017) zu rech­nen ist.

Sehr wenig Zeit für Ver­hand­lun­gen …

Für die ei­gent­li­chen Aus­tritts­ver­hand­lun­gen bleibt somit in­ner­halb der im Ver­trag von Lis­sa­bon fest­ge­leg­ten Frist von zwei Jah­ren le­dig­lich ein Jahr, da das Ra­ti­fi­ka­ti­ons­ver­fah­ren der 27 Mit­glied­staa­ten rund ein hal­bes Jahr in An­spruch nimmt. Einem all­fäl­li­gen Ver­hand­lungs­re­sul­tat müs­sen 55 Pro­zent der Mit­glied­staa­ten (15 von 27), die min­des­tens 65 Pro­zent der Be­völ­ke­rung aus­ma­chen, und das Eu­ro­päi­sche Par­la­ment (mit ein­fa­chem Mehr) zu­stim­men.

… über kom­ple­xe The­men

Für die EU ist wich­tig, dass im Aus­tritts­ver­trag ge­klärt wird, wel­che Nach­zah­lun­gen Gross­bri­tan­ni­en für Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen leis­ten muss, wel­che die EU wäh­rend sei­ner Mit­glied­schaft ein­ge­gan­gen ist. Aus­ser­dem will die EU eine Klä­rung der recht­li­chen Stel­lung von be­reits in Gross­bri­tan­ni­en le­ben­den EU-Bür­gern er­rei­chen. Vor­her will die EU mit Gross­bri­tan­ni­en nicht über die künf­ti­gen Be­zie­hun­gen mit Gross­bri­tan­ni­en ver­han­deln. Um­ge­kehrt will das Kö­nig­reich par­al­lel zu den Aus­tritts­ver­hand­lun­gen eine grund­sätz­li­che Ei­ni­gung über das künf­ti­ge Ver­hält­nis und ins­be­son­de­re den Um­fang und Be­din­gun­gen eines all­fäl­li­gen Zu­gangs zum EU-Markt für bri­ti­sche Fir­men, Güter und Dienst­leis­tun­gen er­zie­len.

Wird in­ner­halb der von Ar­ti­kel 50 EU-Ver­trag vor­ge­se­he­nen Frist von zwei Jah­ren keine Ei­ni­gung er­zielt, kann diese mit Zu­stim­mung aller 27 Mit­glied­staa­ten ver­län­gert wer­den. Dies wird schwer zu er­rei­chen sein. Aber auch die bri­ti­sche Re­gie­rung hat ein In­ter­es­se an einem Ver­hand­lungs­er­geb­nis bis 2019, weil 2020 Par­la­ments­wah­len an­ste­hen und sie bis dann einen Er­folg vor­wei­sen muss.

Gross­bri­tan­ni­en über­nimmt EU-Ac­quis – vor­erst

Die bri­ti­sche Re­gie­rung hat an­ge­kün­digt, im Rah­men des «great Re­peal» das ge­sam­te re­le­van­te EU-Recht in na­tio­na­les Recht um­zu­wan­deln, um es da­nach ent­spre­chend den ei­ge­nen Be­dürf­nis­sen an­pas­sen zu kön­nen. Dabei han­delt es sich um etwa 27’000 Rechts­ak­te der EU. Da­durch wird die Grund­la­ge für künf­ti­ge bi­la­te­ra­le Ab­kom­men zwi­schen Gross­bri­tan­ni­en und der EU ge­schaf­fen.

Siehe auch dos­sier­po­li­tik #15/2016: Brex­it und die Schweiz.

 

Quel­le: Brunswick Group, Brex­it in per­spek­ti­ve, Ja­nu­ar 2017, S. 10: https://​www.​bru​nswi​ckgr​oup.​com/​pub​lica​tion​s/​reports/​brexit-​in-​perspective/