Auf dem Weg zu einem Freihandelsabkommen mit Argentinien
Unter der Leitung von Bundespräsidentin Doris Leuthard besuchten verschiedene namhafte Wirtschaftsvertreter vom 17. bis 19. April Argentinien. Das starke Interesse der Schweizer Unternehmen am südamerikanischen Land hat zwei Gründe: Erstens haben die jüngsten Wirtschaftsreformen die Rahmenbedingungen in Argentinien merklich verbessert. Zweitens beginnen im Juni die Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und dem Mercosur, dessen Vorsitz gegenwärtig Argentinien innehat.
Die Wirtschaft in Argentinien stockt nach wie vor, gleichzeitig stellen strukturelle Probleme die aktuelle Regierung von Präsident Mauricio Macri vor grosse Herausforderungen. In den letzten vier Jahren haben Unternehmen kaum noch in Argentinien investiert, die Unsicherheit war zu gross. Die Regierung Kirchner versuchte diese Lücke an notwendigen Investitionen mit grosszügigen Konsumausgaben zu füllen. Diese Politik hatte jedoch zur Folge, dass primär die öffentlichen Finanzen aus dem Lot gebracht wurden und die argentinische Bevölkerung mit einer hohen Inflation (2016: 44 Prozent) zu kämpfen hat.
Konjunkturell spürt Argentinien die eingebrochene Nachfrage aus Brasilien, dem wichtigsten Handelspartner schmerzhaft. Hinzu kommen die tieferen Rohstoffpreise, die der argentinischen Wirtschaft ab 2011 einen zusätzlichen Dämpfer verpasst haben. Dass zur Bekämpfung der Inflation eine restriktive Geldpolitik eingeführt wurde hilft nicht – im Gegenteil. Der Konsum im Inland ist tief und die Bevölkerung verunsichert, das dämpft die Konjunktur zusätzlich.
Die Schweizer Delegation konnte in persönlichen Gesprächen mit dem Staatspräsidenten Mauricio Macri und insgesamt sieben verschiedenen Ministern gegenseitige Anliegen erörtern. Dabei haben beide Seiten das grosse Interesse an einem Freihandelsabkommen mehrfach bekräftigt. Auch weitere für die Wirtschaft relevante Reformen zur Verbesserung der Attraktivität für in- und ausländische Investitionen stehen weit oben auf der Prioritätenliste der argentinischen Regierung.
Während des Besuchs im südamerikanischen Land wurde den Missionsteilnehmenden der grosse Nachholbedarf bei den Infrastrukturen deutlich. Dieser Aspekt ist für die Schweizer Unternehmen deshalb von Bedeutung, weil sich daraus möglicherweise interessante Projekte ergeben. Der politische Spielraum der argentinischen Regierung ist hier jedoch momentan begrenzt. Denn Macri muss nun primär den stark defizitären Haushalt ins Gleichgewicht bringen und da fehlen für weitere Investitionen momentan die Mittel – im Gegenteil, es müsste gespart werden. Doch Macri fehlt momentan die Mehrheit für die dringend notwendigen Kürzungen und im November stehen Zwischenwahlen an.
Die Situation in Argentinien ist somit nach wie vor schwierig. Trotzdem war die Mission aus Sicht von economiesuisse, welche die Wirtschaftsdelegation anführte, ein Erfolg. Die Schweizer Wirtschaftsvertreter schätzten die Offenheit der Regierungsvertreter für Verbesserungen – sei es bei Zollverfahren, öffentlichen Ausschreibungen oder der Möglichkeiten für moderne Versicherungen bei langfristigen Projekten. Es ist lange her seit dem letzten Besuch einer Wirtschaftsdelegation im südamerikanischen Land und es hat sich gelohnt, den Faden wieder aufzunehmen. Die Hoffnung auf das geplante Freihandelsabkommen und eine zunehmende wirtschaftliche Stabilisierung von Argentinien darf zumindest klar bekundet werden.