# 9 / 2017
28.11.2017

Struk­tur­wan­del in der Schweiz: Fak­ten und Wahr­neh­mung

Die Angst in der Öf­fent­lich­keit vor einer dro­hen­den Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit ist gross. Be­fürch­tet wird, dass durch die Di­gi­ta­li­sie­rung Tau­sen­de Ar­beits­plät­ze ver­lo­ren gehen. Ge­prägt durch die Vor­stel­lung, der Mensch werde durch den Ro­bo­ter er­setzt, wird der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt zu­se­hends als Be­dro­hung emp­fun­den. Trotz die­ser Be­fürch­tun­gen gibt es auf dem Schwei­zer Ar­beits­markt keine An­zei­chen für eine Ver­knap­pung von Ar­beits­plät­zen. Ganz im Ge­gen­teil: Jahr für Jahr wer­den mehr Stel­len ge­schaf­fen als ab­ge­baut. Wie kann vor die­sem Hin­ter­grund die Dis­kre­panz zwi­schen Wahr­neh­mung und Rea­li­tät er­klärt wer­den?

Das Wichtigste in Kürze

Es vergeht kein Tag, ohne dass in den Medien ein Artikel über die Digitalisierung erscheint, an einer Tagung über die Zukunft der Arbeit diskutiert wird oder Studien publiziert werden, die über die zu erwartenden Veränderungen in der Wirtschaftswelt berichten. Dabei geht es fast immer um die Frage, ob der Menschheit die Arbeit ausgehen wird. Kommt es aber tatsächlich zu einer Verdrängung von Arbeit durch Technologie? Um diese Frage zu beantworten, wird einerseits die Dynamik der Stellenentwicklung in der Schweiz über die letzten 100 Jahre betrachtet. Andererseits wird ein Fokus auf das Jahr 2015 gelegt, an dessen Anfang die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Wechselkursuntergrenze zum Euro aufgehoben hat. Und zuletzt wird untersucht, in welcher Art die Medien über den Strukturwandel berichten. Die Analysen bringen zum Vorschein, dass es derzeit weit und breit keine Anzeichen für eine Verdrängung von Arbeit durch Technologie gibt. Im Gegenteil: Selbst im Jahr 2015, als die wirtschaftliche Entwicklung durch den Frankenschock stark beeinträchtigt war, wurden über 30’000 Stellen mehr geschaffen als abgebaut. Nicht nur der Staat, sondern auch die Privatwirtschaft hat netto Arbeitsplätze geschaffen. Trotzdem wurde in den Medien doppelt so häufig und drei Mal so prominent über abgebaute Stellen berichtet. Angesichts der direkten Auswirkungen abgebauter Stellen auf die betroffenen Arbeitnehmer ist dies zwar nachvollziehbar. Dennoch führt die Berichterstattung zu einer verzerrten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.

Position economiesuisse

  • Jeden Tag werden in der Schweiz durchschnittlich 1350 Stellen geschaffen, und es gehen deutlich weniger verloren. Jeden Monat entstehen über 40’000, pro Jahr fast eine halbe Million neue Arbeitsplätze in der Schweiz. Damit treten rund zehn Prozent der Beschäftigten pro Jahr eine Stelle in Unternehmen an, die entweder neu gegründet werden oder wachsen.
  • Selbst im Jahr 2015, als die Wirtschaft stark vom Frankenschock in Mitleidenschaft gezogen wurde, schuf die private Wirtschaft insgesamt mehr Stellen als verloren gingen.
  • Branchen mit vielen Firmenschliessungen schaffen per Saldo mehr Stellen.
  • Auch schrumpfende Branchen schaffen viele neue Stellen: Von fünf abgebauten Jobs werden vier in anderen Unternehmen wieder aufgebaut.
  • Dennoch dominieren Arbeitsplatzverluste in der öffentlichen Wahrnehmung: Medien berichten doppelt so häufig und drei Mal so prominent über Arbeitsplatzverluste als über neu geschaffene Stellen.